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Zwischen uns (2021)

Zwischen uns (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Der Film Zwischen uns ist das einfühlsame Psychogramm einer Mutter, die ihren Sohn gegen die Gesellschaft verteidigt und dabei an ihre Grenzen kommt.

Wenn Eva zum Ende des Films auf der Straße läuft und wir ihr durch die Kamera direkt ins Gesicht schauen, geht Evas Mimik immer mehr in den Schmerz, die Tränen kommen ihr, sie laufen die Wangen runter, die Augen müssen fast blind sein. Dann entspannt sich das von Tränen gezeichnete Gesicht, und der Mund geht – gefühlt im Laufe einer Ewigkeit – ganz langsam in ein Lächeln über, während die Augen verhalten zu strahlen beginnen. Liv Lisa Fries spielt mit Eva eine sehr starke Frau, die ihre Belastungsgrenze allerdings immer wieder überschreitet: Sie ist alleinerziehende Mutter eines 13-jährigen autistischen Jungen.

„Zwischen uns“ ist der erste Langfilm des Regisseurs Max Fey. Der Film zeigt, wo die Grenzen auch einer grenzenlosen Liebe zu einem Kind mit Asperger-Syndrom sind. Jona Eisenblätter spielt Felix mit einer Intensität, die regelrecht physisch im Kinosessel ankommt. Da sind natürlich zuallererst die Gewaltausbrüche des Jungen, der von seiner Umwelt überfordert wird. Da mögen seine Mutter Eva oder seine persönliche Betreuerin Elena (Lena Urzendowsky) mit ihm noch so gut mögliche Exit-Strategien üben – irgendwann weiß sich Felix nur noch mit Gewalt aus der Bedrängnis zu befreien.

Der Film sucht weder Schuldige, noch betreibt er Gesellschaftskritik. „Zwischen uns“ ist ein einfühlsames Porträt zweier Menschen: Evas liebevoller Umgang mit Felix auf Augenhöhe korrespondiert mit einer strengen Auswahl an Freunden in ihrem Umfeld: Felix muss Vertrauen zu ihnen haben, und sie müssen sich dieses Vertrauen auch bei Eva erarbeiten. Pelle (Thure Lindhardt) besitzt dieses Vertrauen zeitweise. Pelle ist in Eva verliebt, hilft immer wieder aus, wenn ein Betreuer notwendig ist, kann aber auf Dauer nicht bestehen: Seine Zuverlässigkeit hält Evas strengem Urteil nicht stand.

Und die Situation spitzt sich zu: Eva wird zwischen andauernden Querelen an der Schule, den heimischen Problemen mit dem immer stärker werdenden Sohn und den Ansprüchen des Berufslegens zunehmend zerrieben. Wie sehr Eva auf der Überholspur lebt, zeigt die Kamera, wenn sie immer wieder hinter der Protagonistin hereilt. Oder wenn Eva auf dem Roller durch die Stadt eilend auf der vierspurigen Straße immer, aber auch immer auf der zweiten Spur fährt.

Als Eva schließlich mit einer Kopfverletzung in der Notaufnahme landet, ist es ihr Sohn, der eine schwerwiegende Entscheidung trifft, die zur eingangs geschilderten emotionalen Reaktion seiner Mutter führt. Der Film hat kein klassisches Happy End, kann es gar nicht haben, weil er viel zu sehr dem wirklichen Leben verpflichtet ist. Das ist Max Feys Verdienst, er hat mit „Zwischen uns“ einen einfühlsamen, aber auch harten Film gedreht.

Jürgen Wittner

  • Zwischen uns (Filmbild 2)
  • Zwischen uns (Filmbild 3)
  • Zwischen uns (Filmbild 4)
  • Zwischen uns (Filmbild 5)