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Zell/MoselDie Unschuld (2023)

Die Unschuld (2023) (Poster)

Bewertung

„Muss man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

„Ein Mensch, dem man ein Schweinehirn einpflanzt, ist der ein Schwein oder ein Mensch?“ Als Minato (Soya Kurokawa) seiner jungen Mutter und Witwe Saori Mugino (Ando Sakura) diese Frage stellt, während sie von ihrem Balkon aus ein brennendes Hochhaus beobachten, denkt sich Saori nichts dabei. Gilt Minato ohnehin als das, was man landläufig ein besonderes Kind nennen würde: ruhig, nachdenklich, traurig. Aber dass er sich so völlig zurückzieht wie gerade, ist neu. Und so vermutet sie die Ursache in der Schule, bei einem erniedrigenden, handgreiflichen Lehrer (Nagayama Eita). Ein voreiliger Schluss? Der Hochhausbrand wird zum Ausgangspunkt einer aus drei Perspektiven (Mutter, Lehrer, Sohn) erzählten Geschichte.

Wie ein Puzzle setzt sich „Die Unschuld“ allmählich zusammen und offenbart etwas weitaus Grundlegenderes als rabiate Pädagogik. Zärtlich inszeniert Hirokazu Koreeda („Shoplifters“) eine sensible Jungsfreundschaft, die so nicht sein darf, und das so kluge Drehbuch legt immer wieder falsche Fährten, bis sich schließlich eine in Ryūichi Sakamotos Pianospiel eingehüllte und vor Fantasie pulsierende Welt zweier Kinder auftut, die sich vor den tradierten Normen der Erwachsene zu verstecken weiß. Trotz des behutsamen Erzählrythmus rüttelt dieser humanistische Film auf. Wie unsere mantraartige Erzählung vom Normalen dem individuellen Glück die Fesseln anlegt, ist erschütternd.