Zum Inhalt springen

Wolke 9 (2008)

Wolke 9 (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Am Anfang stand Unmut: „Alte Menschen kommen im Film und Fernsehen so gut wie nicht vor. Man findet bloß weichgespülte Geschichten, in denen die Alten sich auf putzige Weise noch einmal verlieben dürfen. Aber wirkliche Leidenschaft, Herzrasen, Sex – das alles gesteht man ihnen nicht zu.“ Deshalb beschloss Andreas Dresen, preisgekrönter Regisseur von „Halbe Treppe“ und „Sommer vorm Balkon“, einen Film zu drehen, in dem all das vorkommt, ohne Peinlichkeiten: Alte Menschen, die sich verlieben, in sonnendurchfluteten Wohnungen miteinander schlafen, nackt und gierig und dann: glücklich. Die fast 70-jährige Inge (Ursula Werner) erliegt dem Charme des 78-jährigen Karl (Horst Westphal), obwohl sie seit 30 Jahren eigentlich glücklich mit Werner (Karl Rehberg) verheiratet ist. Mit Karl badet sie nackt im See und lacht befreit, mit Werner fährt sie Zug, weil der das so gerne macht, hört abends auf dem Sofa Tonbandaufnahmen alter Lokomotiven oder guckt Fernsehen. Doch der Betrug an ihrem Mann lastet schwer auf Inge …

„Wolke 9“ fängt die Irrungen und Wirrungen der Liebe auf

Mit einem minimalen Team, improvisierter Spielweise und halbdokumenarischer Ästhetik durch den Einsatz von digitalen Handkameras fängt Dresen die Irrungen und Wirrungen der Liebe hautnah auf – und versucht sich an nichts weniger als an der Rehabilitation der Darstellung alter Menschen in den Medien. Hier sind sie keine putzigen Gnome mit erdfarbenen Freizeitjacken und Krückstöcken, sondern lebenshungrige, einsame, streitende und vor allem empfindende Menschen, die der Liebe und ihren Trieben genauso ausgeliefert sind wie vermeintlich junge Leute. Manchmal wiegt das Gewicht dieser filmischen Protestaktion etwas schwer, und am Ende übertreibt es Dresen dann mit der Dramatik – aber auch die wird Rentnern in Film und Fernsehen ja so gut wie nie zugestanden. (vs)