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Wochenendrebellen (2022)

Wochenendrebellen (2022) (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Ganz offensichtlich reicht es Florian David Fitz nicht, unterhaltsame Feel-good-Filme zu drehen wie vielen Kollegen. Seit Jahren rückt der Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur immer wieder auch gesellschaftlich relevante Themen ins Zentrum: Schon in „Hin und weg“ von 2014 ging es um ALS, in „Vincent will Meer“ um das Tourette-Syndrom. Und erst in diesem Jahr hat sich Fitz in „Oskars Kleid“ mit der hochaktuellen Transgender-Thematik befasst. Dabei tritt Fitz nicht mehr als der Betroffene auf, sondern als der wohlmeinende, aber tendenziell überforderte Vater. Auch in „Wochenendrebellen“ hat Fitz’ Mirco Probleme, sich mit seinem zehnjährigen Sohn Jason (Cecilio Andresen) zu verständigen.

Der ist Asperger-Autist, sein Alltag bestimmt von Regeln: Das Essen auf seinem Teller darf sich nicht berühren, er muss an der Bushaltestelle immer auf demselben Platz sitzen, und als Kind bezeichnet man ihn besser nicht. Auch für seine Eltern hat er Vorschriften, was das Fleischessen und Autofahren angeht. Während sich Mutter Fatime (Aylin Tezel) aufopferungsvoll um Jason und seine Schwester kümmert, ist Mirco wegen seines Jobs kaum zu Hause – und vielleicht auch, wie Fatime argwöhnt, aus Bequemlichkeit. Als Jason einmal mehr einen Ausraster in der Schule hat, droht die Schulleitung damit, ihn auf eine Förderschule zu schicken.

Mirco bietet seinem Sohn einen Handel an: Wenn Jason sich in der Schule zusammenreißt, hilft er ihm, endlich einen Lieblingsfußballverein zu finden. Jedes Wochenende fahren die beiden fortan zu einem anderen Spiel in ganz Deutschland, um die Mannschaften live in Aktion zu sehen. Auch hier hat Jason klare Vorstellungen: ein schönes Stadion, klimafreundliches Essen, keine bunten Sportschuhe, kein peinliches Maskottchen, keine Nazis unter den Fans.  Erwartungsgemäß sorgt das für eine immer länger dauernde Suche, doch auf den Reisen wachsen beide über sich hinaus: Jason geht an seine Grenzen, was Menschenmengen und unvorhersehbare Situationen angeht, und Mirco erkennt, wie stark sein Sohn wirklich ist …

Auf dem Papier liest sich der Plot von „Wochenendrebellen“ bemüht sentimental, konstruiert, um auf die Tränendrüse zu drücken, und auch das Endprodukt ist nicht frei von kitschigen Momenten. Tatsächlich aber basiert das Drehbuch von Richard Kropf auf einer wahren Geschichte, Mirco und Jason von Juterczenka gibt es wirklich. Daher stammen wohl auch die zwei größten Stärken des Films: die Vater-Sohn-Beziehung und die Darstellung von Jasons Autismus. Beide zeigt Regisseur Marc Rothemund differenziert, ohne zu verklären – Mirco ist auch am Schluss alles andere als ein perfekter Vater, und Jason wird immer Schwierigkeiten haben, im Alltag zurechtzukommen. Aber durch Empathie können sie es schaffen, sich gegenseitig zu helfen. Das ist die Botschaft des Films – und schon seit längerem die von Florian David Fitz. Wie nebenbei ist „Wochenendrebellen“ außerdem eine Liebeserklärung an die deutsche Fußballlandschaft – zumindest den Teil ohne Nazis.

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