Western (2017)

In ihrer ersten Regiearbeit seit zehn Jahren nutzt Valeska Grisebach die Texturen des Westerns für direktes und vielschichtiges Beobachtungs- und Begegnungskino. Und hat obendrein den aktuell besten Film über Fremdheit gedreht. „Western“ dreht sich um deutsche Bauarbeiter, die im bulgarischen Grenzgebiet auf Montage sind. Als erstes hissen sie eine Deutschlandflagge – selbst innerhalb Europas kann man auf unterschiedliche Weise fremd sein, verbinden die Gastarbeiter ihre Herkunft doch mit einem Gefühl der Überlegenheit. Nur Meinhard (Meinhard Neumann), im Alphabet des Genres der melancholische Lonesome Rider, tritt in Kontakt mit der Dorfgemeinschaft. Die bulgarischen Dialoge sind nicht untertitelt – Fremdsein bedeutet auch, sich allein zu fühlen, das hat lange kein deutscher Film so konsequent vermittelt. Und auch Grisebach begibt sich auf fremdes Terrain: Sie observiert die Rituale der Arbeiter, erfasst die feinen Risse zwischen Herrenwitz und Männlichkeitsdemonstration, entwickelt aber gleichzeitig Sympathie. „Western“ ist auch ein herausragender Film über die Notwendigkeit, Komfortzonen dann und wann zu verlassen. sb