Titane (2021)
- Originaltitel Titane
- Regie Julia Ducournau
- DarstellerInnen
- Entstehungsjahr 2021
- Land Frankreich
- Filmlänge 108 min
- Filmstart 7.10.2021
- FSK 16
- Genres
Bewertung
Filminhalt
Seit ihrem Spielfilmdebüt „Raw“ gilt die Französin Julia Ducournau als Erbin David Cronenbergs – und das, obwohl Cronenbergs Sohn Brandon selbst ein erfolgreicher Regisseur ist. Doch Ducournaus Mischung aus Body Horror mit psychologischem Tiefgang überzeugt sogar die snobistischsten Kritikstimmen der Welt: Ducournaus Zweitling Titane hat in Cannes die Goldene Palme gewonnen. Dabei liest sich die Ausgangssituation wie gewollt provokativer Trash: Seit einem Autounfall als Kind hat Alexia (Agathe Rousselle) eine Titanplatte im Kopf. Die hat sie nicht nur mit einer Narbe am Kopf versehen, die die junge Frau stolz zur Schau trägt, sondern auch mit einem sexuellen Fetisch für Autos, den sie auslebt, indem sie bei Automessen als erotische Tänzerin arbeitet.
Nachdem Alexia eines Nachts einen hartnäckigen Fan getötet hat, kopuliert sie mit einem der Fahrzeuge – und wird auf unerklärte Art schwanger. Mehr zu verraten würde die Überraschung verderben, daher nur so viel: Alexias Flucht vor der Polizei, die wegen des toten Fans auf ihren Fersen ist, bringt sie in Situationen, die die unnatürliche Schwangerschaft fast verblassen lassen. Ducournau reiht eine Wendung an die nächste und schneidet Themenkomplexe an, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander zu tun haben: zu der Fetischisierung von Maschinen gesellen sich schon bald Schuld und Sühne, Geschlechtsidentität, Männlichkeitsideale, Elternliebe, Inzest.
Ob es der Regisseurin letztlich gelingt, sie alle zufriedenstellend zu verknüpfen, wird Gegenstand zahlloser Diskussionen sein, ist aber letztlich zweitrangig: Jedes Bild in „Titane“ vibriert vor Bedeutung und bietet einen Anblick, den man so noch nie gesehen hat. Über weite Strecken funktioniert der Film fast als Stummfilm, die radikale Eröffnungssequenz kommt ganz ohne Worte aus. Am überraschendsten: Trotz alledem entpuppt sich „Titane“ weder als Horror- noch als Avantgarde-Film, sondern als einfühlsames Drama. mj