Sturm (2009)

Mitten im Prozess gegen einen jugoslawischen Kriegsverbrecher begeht der Hauptzeuge Selbstmord. Doch Anklägerin Hannah Maynard (Kerry Fox) findet in der Schwester des Toten eine neue Zeugin: Mira (Anamaria Marinca) kann nicht nur von den Deportationen bosnisch-muslimischer Zivilisten berichten, die der Angeklagte befehligt hat, sondern auch von Massenvergewaltigungen in einem von seinen Männern besetzten Hotel … In ruhigen, schlicht gehaltenen Bildern von tristen Büroräumen, in denen die schlimmsten Verbrechen verhandelt werden, fängt Hans-Christian Schmid („Requiem“) das Zusammenspiel der beiden Frauen ein, die für die gleiche Sache kämpfen und doch auf verschiedenen Seiten stehen. Das zeigt sich spätestens, als alle Parteien eine Übereinkunft treffen, die für Mira fatale Folgen hat: Sie darf zwar über die Deportationen aussagen – die brutalen Vergewaltigungen jedoch dürfen vor Gericht nicht angesprochen werden. Mit dieser Wendung macht Schmid klar, wie zerbrechlich, wie subjektiv, wie leicht zu beschneiden die Wahrheit ist. Und wie schwierig ist es ist, Gerechtigkeit walten zu lassen, ohne ungerecht zu werden. Ein komplexer, wichtiger und hochpolitischer Film, der auch nach seinem Ende noch lange nachwirkt. (jul)