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Steve Jobs (2015)

Steve Jobs (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Kein Film, den man in nächster Zeit sehen wird, kann nur annähernd diese Stufe an Energie und Intensität erreichen. Danny Boyles Drama über den schon legendären Apple-CEO ist ein Kraftwerk von einem Kinostück, von Anfang bis Ende ein ununterbrochener Fluss, nein: eine Tusnami aus Gesten, Gängen, Blicken und Worten, Worten, Worten. Lange nicht mehr wurde in einem Hollywoodwerk so viel geredet. Das Drehbuch von Aaron Sorkin, der für den thematisch verwandten „The Social Network“ einen Oscar erhielt, ist so eloquent und dicht wie etwas aus Atomen bestehendes, physisch Greifbares. Die Schauspieler bewältigen ihre Dialoge einem perfekt eingespielten Bühnenensemble gleich, und deutlich kann man miterleben, wie die Worte und ihre Verwendung eine eigene Melodie formen – Sprache als Gesang, unterlegt noch mit dramatischen Streichern. Boyle und Sorkin haben einen Film gemacht, der wie der Getriebene wirkt, der Jobs gewesen sein muss. In drei Akten, die 1984 (Vorstellung des ersten Macintosh), 1988 (Vorstellung NeXT-Computer) und 1998 (Vorstellung iMac) spielen, wird Jobs wie ein Dickens’scher Ebenezer Scrooge kurz vor den Präsentationen mit den Geistern seiner Vergangenheit konfrontiert – ob von seinem Ex-Mitstreiter Steve Wozniak (Seth Rogen), seinem früheren Softwarespezialisten Andy Hertzfeld (Michael Stuhlbarg), seiner unehelichen Tochter Lisa und ihrer Mutter, seinem vormaligen Chef John Scully (Jeff Daniels), nicht zuletzt von seiner Marketingfrau Joanna Hoffman (Kate Winslet).

Steve Jobs launcht seine Menschwerdung

Sie alle mahnen, teilweise arg bühnenhaft, den zwischen Genie und Größenwahn oszillierenden Jobs, weniger algorithmusgläubiger Soziopath und mehr menschliches Wesen zu sein, mehr Demut, Vergebung, Schuld zu empfinden. Michael Fassbender, optisch Jobs nur im 1998er-Teil ähnlich, tigert in grobkörnigen Bildern wie ein divenhafter Theaterstar vor einer Shakespeare-Premiere durch die Eingeweide der Hallen und Opernhäuser, in denen die Events stattfinden, immer auf Flucht vor und in diskursiver Konfrontation mit den Dämonen seines Tuns. Ob das alles so wirklich passiert ist? Schwer zu sagen, selbst mit der Jobs-Biografie von Walter Isaacson als Vorlage. Was es ist: der Film, der „Birdman“ nur behauptete zu sein; pulsierendes Kino an der Grenze zwischen Theater und Film, mit seinem Tempo und seiner selbstwichtigen Hybris auch an der Grenze dessen, dem man kognitiv folgen kann und will, mit seinem Schluss dann an der Demarkationslinie, die Unkonventionelles vom Klischee trennt, welches ein Hollywoodfilm sich selbst programmiert: Die Entwicklung des Maschinen-Menschen Steve Jobs führt zum Launch seiner Menschwerdung. (vs)

  • Steve Jobs (Filmbild 2)
  • Steve Jobs (Filmbild 3)
  • Steve Jobs (Filmbild 4)
  • Steve Jobs (Filmbild 5)