Zum Inhalt springen

Sterne zum Dessert (2023)

Sterne zum Dessert (2023) (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Vom Jugendheim in die Haute Cuisine: Der Aufstieg des französischen Meister-Patissiers Yazid Ichemrahen ist filmreif – und sein Leben nun ein Biopic.

Was waren wir während der Lockdowns doch alle verliebt in den Sauerteig: Kolumnen, Blogs und Social-Media-Feeds voll vom gärenden Hefegebäck und ambitionierten Heimbäcker:innen. Selbst Hollywood-Stars wie Jake Gyllenhaal konnten dem internationalen Sauerteig-Slam nicht widerstehen, und für einen kurzen Moment sah es wirklich danach aus, als würden ruckelig abgefilmte Öfen für immer die süßen Tierbabys aus dem Internet verdrängen. Doch ist heute überhaupt noch etwas vom Corona-Back- und Koch-Hype übriggeblieben? Zumindest hat sich die Küche in jüngster Vergangenheit als erfolgversprechendes Milieu für Kinofilme und große Streamingproduktionen etabliert: Da wäre „The Menu“ und das Kochen als Kunst. „The Bear“ und die Küche als Schlachtfeld. Oder die Dokuserie „Chef’s Table“, in der die leidenschaftliche Arbeit in der Küche mit einer biografischen Unausweichlichkeit verknüpft wird. Mit „Sterne zum Desert“ tritt nun ein Film an, der eine Prise all dieser Zutaten zusammenrührt, um schließlich ein glänzendes Gourmet-Biopic zu servieren.

Yazid Ichemrahen zählt heute zu den bekanntesten Patissiers der Welt: Weltmeister des Eisdesserts 2014 und seit seinem autobiografischen Roman „Un rêve d’un enfant étoilé“ ist er in Frankreich ein absoluter Star. Doch der Weg an die Spitze der Haute Cuisine war für Ichemrahen stets auch ein Kampf und somit ideales Material für ein Biopic. Gespielt vom französischen Influencer Riadh Belaïche, dem als Just Riadh über 7 Millionen Menschen auf TikTok folgen, begleiten wir Ichemrahen auf seinem Weg vom perspektivlosen Sohn einer alleinerziehenden und maßlos überforderten marokkanischen Mutter bis zum großen Weltmeisterschaftstriumph. Bereits in jungen Jahren ist Backen für ihn das Größte, doch Armut und eine manipulative Mutter verhindern, dass sich diese Leidenschaft auch nur ansatzweise ausleben ließe. Doch als der kleine Yazid in eine Pflegefamilie und schließlich in ein Jugendheim kommt, ändert sich dies. Was er mit wenigen Handgriffen in der Heimküche zaubert, begeistert den Erzieher Samy (Saïd Benchnafa) so sehr, dass er ihm vor der Heimleitung den Rücken stärkt und Yazid sogar eine Ausbildung in einer fernen Pariser Küche anfängt.

Bald muss Yazid allerdings feststellen, dass eine Küche nicht nur ein inspirierender Ort der Selbstverwirklichung, sondern auch des Konkurrenzkampfes und der Hierarchien ist. Diese zwei Welten vermag Regisseur Sébastian Tulard auch ganz implizit zu vereinen, indem „Rocky“-Zitate auf orchestriertes Back-Ballett folgen: Eigelb, das in Super-Slow-Mo in eine Schale voller Mehl kracht, kandierte Äpfel, in denen sich die Küche spiegelt. Selbst der etwas eingestaubte Hashtag „Foodporn“ wäre für diesen Film noch eine Untertreibung. Es fühlt sich fast wie eine Sünde an, ins klebrige Popcorn zu greifen, während Ichemrahen schließlich als Meister-Patissier seiner Mutter ein Denkmal setzt. Dieser Film kommt auch deswegen ganz ohne hinzugedichtete Liebesgeschichte aus, weil er selbst schon eine ist: übers Backen.

Vorstellungen