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Schultze Gets the Blues (2003)

Schultze Gets the Blues (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Eine Radiosendung weckt beim frisch pensionierten Bergbauer und Akkordeonspieler Schultze (Horst Krause) Interesse für die Musik der amerikanischen Südstaaten. Im Dorf stößt das auf Befremden, der Musikverein schickt Schultze dennoch zum texanischen Oktoberfest-Ableger „Wurstfest“ nach Amerika … Halbdokumentarisch und mit leisem Humor folgt Regisseur Schoor dem wortkargen Schwergewicht mit Hut in die Staaten. Schultzes Kontakt mit den Einheimischen beobachtet die Kamera wie eine unbeteiligte dritte Person, wobei die tschechische Jazzband in der Sumpfsiedlung genauso deplatziert ist wie der urdeutsche Ex-Kumpel. Weil Schultze kein Englisch kann, entstehen skurrile Nicht-Dialoge, die an Kaurismäki und Jarmusch erinnern. Auch deren Figuren sind oft im fremden Land weniger isoliert als in der Heimat; sie kommunizieren unbefangener ohne die Bürde einer gemeinsamen Sprache. In der Fremde kommt der Wortautist Schultze besser zurecht als daheim, wo wie in den USA jedes Idyll von der Infrastruktur durchschnitten und zerklüftet ist: ein Schrebergarten vor einem Riesenberg Kali-Abraum aus der Miene, Motels am Highway, Angeln auf der Eisenbahnbrücke. Ein Leisetreter wie Schultze findet in so einer lauten Welt kaum Gehör. Selbst die Tradition ist zur Perversion verkommen: Die falsche Folklore beim „Wurstfest“ mit Sauerkraut und Kniehosen kommentiert Schultze auf seine eigene Art: Er schnauft, nimmt sein Akkordeon und geht. (vs)