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Poor Things (2023)

Poor Things (2023) (Poster)

Trailer

Bewertung

„Muss man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Als der Medizinstudent Max McCandless (Ramy Youssef) von Professor Godwin Baxter (Willem Dafoe) den Auftrag erhält, die Entwicklung von dessen Tochter Bella Baxter (Emma Stone) wissenschaftlich zu begleiten und zu protokollieren, kommt er aus dem Staunen nicht mehr raus. Ist Godwin Baxter selbst mit seinem vernarbtem Gesicht und seinen Gebrechen schon eine Ausgeburt der wissenschaftlichen Experimentierhölle des 19. Jahrhunderts, so setzt Regisseur Lanthimos mit Bella Baxter noch einen drauf: Emma Stone brilliert in der Rolle einer eigentlich reifen Frau, die allerdings das Sprachvermögen und den rebellischen Entwicklungsstand eines Kleinkindes hat und noch nicht mal richtig laufen kann, was Max verwundert zur Kenntnis nimmt. Doch dabei bleibt es nicht, denn Bella kommt in die Pubertät und entwickelt sexuelles Begehren. Und letzteres setzt über Umwege eine ganz neue Handlung in Gang.

Denn plötzlich beginnen sich die Männer für Bella zu interessieren: Eine sexuell begehrende Frau, naiv im Geist und gesellschaftliche Konventionen entweder nicht kennend oder missachtend, ist ein feuchter Traum für die Männer, die mit ihr in Kontakt kommen. Godwin Baxter hat Befürchtungen in diese Richtung und will seinen zunächst verwunderten Studenten Max mit Bella verheiraten, doch noch ehe die beiden zueinander finden, entführt sie der windige Duncan Wedderburn (Mark Ruffalo), und für Bella beginnt die Zeit der großen Reisens und des intensiven Lernens – zunächst auf einer Kreuzfahrt durch Europa und dann in Paris.

Und jetzt merkt man, wie sehr „Poor Things“ der Film einer Emanzipation gegen jegliche Einengung ist. Angelegt vor einer surrealen Steampunkkulisse des viktorianischen Zeitalters und ausgestattet mit Versatzstücken aus der Frankenstein’schen Monsterwelt, erzählt der Film innerhalb von knapp zweieinhalb Stunden die Geschichte einer sich gegen alle Widerstände von Männern emanzipierenden Frau. Dass dies in dieser Kürze ohne oberflächliche Plattheiten oder Verkürzungen über die Bühne geht, liegt vor allem an Emma Stone: Wie sie die Entwicklung der Bella im Körper einer erwachsenen Frau vom tapsigen Wesen über die sexuell nimmersatte Pubertierende und die noch immer naive Hure in Paris spielt, wie sie die Heldin reifen lässt, politisch zur Sozialistin sich entwickelnd und immer souveräner werdend: das ist von Stone so unglaublich gut gespielt, dass man den Charakter einfach annehmen muss – gegen jeglichen Widerstand beim Schauen, der aus dem Genremix erwachsen mag, weil dieser in anderen Filmen ganz woanders hinweist. Wenn Bella dann doch wieder nach Hause reist zu ihrem – vermeintlichen – Vater, der im Sterben liegt, ist sie reif genug, um die Wahrheit über ihre Geburt aus den Experimenten der Wissenschaft zu erfahren. Dass die Handlung dann schon wieder das Genre wechselt und plötzlich die thrillerartigen Momente zum Finale hin Überhand nehmen, soll hier gar nicht weiter ausgeführt werden, sonst müsste man zu viele Geheimnisse verraten.

Vorstellungen