Nordwand (2008)
- Originaltitel Nordwand
- Regie Philipp Stölzl
- DarstellerInnen
- Buch
- Entstehungsjahr 2008
- Land Deutschland
- Filmlänge 126 min
- Filmstart 23.10.2008
- FSK 12
- Genres
Bewertung
Filminhalt
Im international ambitionierten deutschen Kino gibt es zwei Trends: Zum einen die Rückschau auf die Vergangenheit: „Das Leben der Anderen“ oder aktuell „Der Baader-Meinhof-Komplex“. Das ist keine schlechte Sache, erschließen sich doch im Früher oft die Gründe für die Probleme oder Lösungen im Jetzt. Doch Trend zwei funkt dazwischen, und das ist die Angewohnheit, sich die fahrlässige und ignorante Produktionsweise von US-Mainstreamfilmen anzueignen, nach der der Zwecks stets die Mittel heiligt und die Fakten der filmischen Aufbereitung unterzuordnen sind. So sieht man in Philipp Stölzs Bergsteigerdrama nach einer wahren Begebenheit die beiden Berliner Benno Fürmann und Florian Lukas die beiden bayerischen Bergsteiger Toni Kurz und Andi Hinterstoisser spielen. Ein „bisserl“ hier, ein „woißt“ da – fertig ist der Dialekt. Abgesehen davon, dass weder Fürmann noch Lukas dem echten Vorbild ähneln, musste vor allem ersterer umfangreich nachsynchronisiert werden und spricht im Film so männlich-tief, dass man das Schmunzeln nicht unterdrücken kann. Kurz und Hinterstoisser, zwei Feldjäger der Wehrmacht, versuchten 1936 als Erste die Eiger Nordwand zu begehen (und kamen dabei um), was von den Nazis als wichtiger Prestigeerfolg angestrebt wurde.
„Nordwand“ stürzt beim Aufstieg ab
Im Film sind die beiden Kletterer natürlich über jeden Nazi-Verdacht erhaben, erwidern „Heil Hitler“ mit einem „Servus“. Weil der Originalgeschichte ein love interest fehlt, erfand das vierköpfige Autorenteam einfach die Figur der Zeitungsvolontärin Luise (verschenkt: Johanna Wokalek) hinzu. Die soll Tonis große Liebe sein, wird jedoch nur mit einem „Ich habe immer auf dich gewartet“-Moment erklärt. Was an innerer Logik fehlt, soll die Dramatik im Berg retten, weswegen die Kamera immer wieder zu peitschenden Streichern die Nordwand umfliegt. Stölzl wollte großes, packendes Eventkino machen – und stürzt beim Aufstieg ab. Handwerklich solide ist das, aber ignorant gegenüber der Tatsache, dass man zwar die 30er-Jahre-Bergfilme von Luis Trenker ehren kann, aber dabei nicht vergessen sollte, dass es 70 Jahre später mehr Bedarf als harte Männer, Heldenmut, Pathos und Klischees, um ein mündiges Publikum zufriedenzustellen. Für Stölzl, ein Talent des deutschen Films, gilt: eine Nummer kleiner bitte. Auch auf Meerespiegelhöhe gibt es gute Geschichten. (vs)