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Leanders letzte Reise (2017)

Leanders letzte Reise (Poster)

Bewertung

„Kann man sehen“ kulturmovies

Der 92-jährige Eduard Leander macht sich auf in die Ukraine, seine große Liebe suchen. Roadmovie

Filminhalt

Dieser Film ist schon gescheitert, bevor er richtig anfängt: Da sitzt der sehr fit aussehende 76-jährige Jürgen Prochnow mit kantigem weißem Vollbart, seine Frau ist gerade gestorben, und Prochnow spielt nicht etwa einen pensionierten Frachtkapitän oder den gealterten Kaleun aus „Das Boot“. Er spielt den 92-Jährigen (!) ehemaligen Wehrmachtssoldaten Eduard Leander, der sich in die Ukraine aufmacht, um die Frau zu finden, in die er im Krieg als Besatzer unsterblich verliebt war. Prochnow, einen 92-jährigen Greis! Dieses von Wetterseite, Leder und Hollywoodbösewicht sprechende Gesicht, die sanfte, kein bisschen vom Alter gebrochene Stimme, als würde er gerade das Hörbuch zum neuen Roman von Carlos Ruiz Zafón einsprechen. Da kann Prochnow noch so gebückt gehen, er ist eine fast kuriose Fehlbesetzung, eine Art Schwarzenegger als Weihnachtsgreis Ebenezer Scrooge. Wie soll man diesem schauspielerisch limitierten Best Ager lebenslange Lügen und 70 Jahre Herzschmerz abnehmen? Eher kauft man ihm als Testimonial für ein markant-männliches After Shave die ganze Produktpalette ab! Auch Petra Schmidt-Schaller, 2013–15 „Tatort“-Kommissarin in Norddeutschland, muss einsehen, dass punkig gefärbte blonde Haare, viel Eyeliner, Deprifresse und Bikerboots nicht automatisch die gescheiterte Leander-Enkelin Adele ergeben, die ihres Großvaters Tripp mürrisch kuratiert.

„Leanders letzte Reise“ durch den Ukraine-Konflikt

So ist der ganze Film: Er glaubt, dass die Behauptung von etwas schon die Glaubhaftigkeit von etwas ist. Leander und Enkelin roadmoven samt russischem Begleiter durch den Ukraine-Konflikt dem Wiedersehen mit der Vergangenheit entgegen, und das ist alles komplett vorhersehbar, eine überfrachtete, oberflächliche Erzählung aus dem Didaktikseminar 1a: Nicht nur heißt es „Leanders letzte Reise“, auch sieht man die Leanders in einem Vorgriff auf den Schluss schon gleich am Anfang mit dem Auto eine Straße entlangfahren, Adele weint, Eduard liegt, offenbar tot, auf dem Rücksitz. Nach 100 Minuten Film kommt diese Szene noch einmal, und man weiß immer noch nicht, was Regisseur Nick Baker Monteys uns eigentlich sagen will. Dass er Jonathan Safran Foers inhaltlich fast deckungsgleichen Roman „Alles ist erleuchtet“ schätzt? Oder dass auch Nazi-Täter ein Herz und sentimentale Gefühle haben? Dann wäre dieser Film schon gescheitert, bevor er richtig anfängt. vs

  • Leanders letzte Reise (Filmbild 2)
  • Leanders letzte Reise (Filmbild 3)
  • Leanders letzte Reise (Filmbild 4)
  • Leanders letzte Reise (Filmbild 5)