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Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel (2012)

Kohlhaas oder die Verhältnismäßigkeit der Mittel (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Aron Lehmann, Absolvent der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam, nimmt sich für seinen Regieerstling einiges vor: Um den Wahn, in den das Kunstwerk den besessenen Künstler treiben kann, sodass ihm Realität und Fiktion verschwimmen, geht es; um den Glauben an die Kraft der blanken erzählerischen Idee, die, wird sie nur mit genügend Emphase und Leidenschaft vorgetragen, in der Fantasie des Betrachters die voll ausgestattete Illusion hervorrufen kann. An Lars von Triers in minimaler Theaterkulisse gedrehte Filme „Dogville“ und „Manderlay“ muss man denken, an Brechts Episches Theater. Lehman verhebt sich an solchen Schwergewichten, doch schon der Versuch, mit 32 Jahren überhaupt so ein Fanal für den Zauber der Kunst zu setzen, ist zu honorieren: Regisseur Lehmann (Robert Gwisdek) bekommt alle Mittel gestrichen, als er Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“ verfilmt.

Kohlhaas landet im Nirgendwo

Mit einigen Unermüdlichen setzt der Idealist die Dreharbeiten fort – mit Kühen statt stolzen Rössern, Bäumen als Feinden und dem Dorfbürgermeister als Schurken. Und je mehr das Projekt scheitert, desto mehr handelt Lehmann frei nach der Devise von Kohlhaas, dem Selbstjustizler: „Es soll Kunst geschehen, und gehe auch die Welt daran zugrunde!“ Zwei Drittel des Films funktionieren als Tragikomödie über die elysischen Höhen der Künste und die niederschmetternde Banalität der Wirklichkeit. Dann vermengt der Film die Ebenen, weiß nicht mehr wohin und landet im Nirgendwo. Dass Lehmann Fakt und Fiktion noch mehr verquickt, indem er seine Hauptfigur Lehmann zu seinem Alter Ego macht und so die von Mangel gekennzeichneten Arbeitsbedingungen junger Filmemacher anklagt, ist von einem Debütanten eigentlich anmaßend. Aber mutig. Und Mut – von was bräuchte das deutsche Kino nicht mehr als davon? (vs)