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Filmstudie „It’s a Man’s (Celluloid) World“ zeigt akute Unterrepräsentation weiblicher Charaktere

Michelle Yeoh-Red Panda-Bild
Filme, die in der Filmstudie „It’s a Man’s (Celluloid) World“ gut abschneiden würden: „Everything Everywhere All at Once“ mit Michelle Yeoh und Coming-of-Age-Film „Rot“. Foto: links: Screenshot aus dem YouTube Trailer, rechts: Disney/Pixar

Eine Filmstudie von 2002-2021 belegt, dass in den „100 erfolgreichsten Filmen“ Amerikas männliche Charaktere zu zwei Dritteln dominieren.

  • Die Filmstudie „It’s a Man’s (Celluloid) World“ vom Center for the Study of Women in Television and Film analysierte über 25 000 Rollen aus mehr als 1 100 Filmen zwischen 2022 und 2021.
  • Obwohl Frauen gemäß Statistischem Bundesamt rund 50% der Weltbevölkerung ausmachen, spiegelt die Rollenverteilung in Filme diese Zahlen nicht wider.
  • Im Jahr 2021 besetzten weibliche Schauspielerinnen nur zu 31% Titelrollen, zu 35% große Filmrollen und zu 34% Sprechrollen.

Bitte einmal nachrechnen

In den „100 erfolgreichsten Filmen“ Amerikas dominieren männliche Charaktere zu zwei Dritteln. Das bedeutet, auf zwei männliche Darsteller kommt nur eine Darstellerin, so die Filmstudie „It’s a Man’s (Celluloid) World“. Für das Filmjahr 2021 heißt das konkret, dass der Anteil weiblicher Sprech- und großer Filmrollen sank, wobei der Anteil von Filmen mit einer Hauptdarstellerinnen leicht anstieg. So wuchs der Durchschnitt weiblicher Protagonistinnen von 29% in 2020 auf 31% im Jahr 2021. Das bestätigt, die Zahlen liegen bis zu 20% unter der tatsächlichen Repräsentation weiblicher Personen auf der Welt und sogar unter dem Hoch der Studie von 40% im Jahr 2019.  Sprechrollen bekleiden zu 34% weibliche Charaktere, wobei die Studie dieses Ergebnis weiter analysiert. So gibt es in 14% der Filmen 0-4 weibliche Sprechrollen, in 53% sind 5-9 Sprechrollen weiblich besetzt, und in 32% 10 und mehr Sprechrollen. Zum Vergleich: lediglich 4% der Filme zeigen nur 0-4 männliche Personen in Sprechrollen.

40 ist kein Ablaufdatum!

Die Filmstudie „It’s a Man’s (Celluloid) World“ verglich außerdem Portraits von Schauspielerinnen der „100 erfolgreichsten Filme im Inland seit 2002“. Dazu zählen neben Alter und Heiratsstatus auch Ziele im Leben der Darstellerinnen. So ergab die Studie, dass Frauen und Mädchen in ihren Zwanzigern eher vertreten sind (18% weiblich vs. 10% männlich), ab ihrem 40. Geburtstag jedoch akut unterrepräsentiert sind. Weibliche Rollen waren 2021 lediglich zu 30% mit Frauen über 40 besetzt, wohingegen die Karriere von männlichen Schauspielern ab 40 erst so richtig loszugehen scheint.

Weiterhin geben die Portfolios Auskunft über den Heiratsstatus der Personen. In großen Filmrollen, also Rollen, in denen Darsteller:innen den Ablauf des Films beeinflussen und vorantreiben, ist der Heiratsstatus von Schauspielerinnen beispielsweise zu 71% bekannt, der ihrer männlichen Counterparts nur zu 65%.

Zu schön, um wahr zu sein

In einer ausgewählten Anzahl von Filmen stieg außerdem der Anteil an Frauen mit lateinamerikanischen, asiatischen und asiatisch-amerikanischen Wurzeln. Die Studie zeigt, 60,6% der Sprechrollen sind mit einer weißen Frau besetzt, der Anteil von weiblichen PoC (People of Color, also Menschen, die Aufgrund ihres Aussehens oder ihrer Herkunft Rassismuserfahrungen gemacht haben) stieg im Vergleich zum Jahr 2020 von 29% auf knapp 40% an. Weiße männliche Charaktere sind zu 64,6% in Sprechrollen zu sehen, die Anzahl männlicher PoC steigt von 26,6% in 2020 auf 35,4%. Die Zahlen scheinen auf den ersten Blick positiv und geben Hoffnung auf eine diverse Filmzukunft. Allerdings ist dieser Anstieg vor allem auf einige wenige Filme wie „Encanto“, „West Side Story“, „Shang-Chi und die Legende der Zehn Ringe“ sowie „Raya und der letzte Drache“ zurückzuführen, in denen viele Charaktere mit lateinamerikanischem, asiatischem oder asiatisch-amerikanischem Hintergrund vertreten sind. Werden diese Filme aus der Analyse entfernt, fallen fast alle Zahlen drastisch ab.

„It’s a Man’s (Celluloid) World“

„Celluloid“, zu deutsch Zelluloid, beschreibt eine Kunststoff-Verbindung, die leicht zu schmelzen und danach formbar ist. In „It’s a Man’s World“ singt James Brown darüber, wie Männer Autos, Züge oder Boote gebaut haben. In seiner Welt verdienen Männer das Geld, Männer regieren. Der Titel der Studie deutet demnach zweifach darauf hin, dass unsere Welt von männlichen Personen verändert und beherrscht wird. Der Report zeigt jedoch gleichzeitig, dass auch Frauen etwas bewirken können.  Dabei geht es um die Repräsentation von weiblichen Personen sowohl vor, als auch hinter der Kamera:

Bei Filmen, deren Produktion in Regie und/oder beim Drehbuch mindestens eine weibliche Person enthalten, ist zu 57% ein weiblicher Charakter die Hauptfigur. Große Filmrollen sind zu 41% und Sprechrollen zu 38% mit Frauen besetzt. Gegenteiliges zeigt sich in Filmen mit ausschließlich männlichen Teams. In diesen Filmen ist die Hauptrolle nur mit einer Wahrscheinlichkeit von 19% mit einer weiblichen Person besetzt. In nur 33% der Filmen waren Frauen in einer großen Filmrolle präsent und in 32% in Sprechrollen. Die Ergebnisse lassen schlussfolgern, dass bei einem gemischten Team in der Produktion ein Ausgleich auch in der Rollenverteilung vor der Kamera wahrscheinlicher ist.

Vorreiter

Dies machen bereits einige Produktionen vor: Pixars neuer Coming-of-Age-Film „Rot“ wurde beispielsweise von dem rein weiblichen Führungsteam bestehend aus Domee Shi, Julia Cho und Sarah Streicher entwickelt. Und auch das Produzenten-Duo bestehend auch Daniel Scheinert und Daniel Kwan zieht mit und wechselte die Hauptfigur seines neuen Film kurzerhand von männlich zu weiblich. In dem Science-Fiction-Drama „Everything everywhere all at once“ spielt nun Michelle Yeoh die Hauptrolle – statt dessen Ehefrau.