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Dostojewski und die Deutschen – Zur Erinnerung an seine Zeit in Dresden

Dostojewski

Er gilt als einer der bedeutendsten russischen Schriftsteller. Weniger bekannt hingegen ist das Verhältnis von Dostojewski zu Deutschland. Dabei war der Autor Zeit seines Lebens ein wiederkehrender Besucher.

Vor 150 Jahren lebte der große, russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski mit seiner Frau Anna in Dresden und arbeitete an seinem Roman „Die Dämonen“. Am 09. Februar 2021 wäre der Weltliterat 200 Jahre alt geworden. Seine Tochter Ljubow wurde in Dresden geboren. Und dann sind da natürlich noch die zahlreichen Ausflüge in die Spielbanken von Wiesbaden, Bad Homburg und Baden-Baden sowie Kuraufenthalte in Bad Ems. Sein Werk wird von vielen Deutschen geschätzt. Er selbst hatte einige Vorbehalte gegen die Deutschen.

Vor allem bei seinen Aufenthalten in Deutschland verfiel Dostojewski immer wieder der Versuchung des Roulette-Spiels. In seiner Heimat Russland waren solche Glücksspiele streng verboten, weshalb er ausschließlich Live Roulette in Deutschland spielen konnte. Roulette ist aber auch wirklich ein interessantes Spiel. Und so zog es ihn immer wieder in die damals angesagten Spielbanken Wiesbaden, Bad Homburg und Baden-Baden.

Sein Roman „Der Spieler“ trägt autobiografische Züge

Dostojewskis Roman „Der Spieler“ ist wohl das beste Beispiel dafür, wie er seine Geldnot durch Verluste im Glücksspiel künstlerisch verarbeitete. In nur 26 Tagen schrieb er das Werk nieder. Die deutsche Gründlichkeit und Ordnung machten ihm insbesondere in Bezug auf seine Verbindlichkeiten zu schaffen. In einem seiner Briefe an seine damalige Geliebte Polina Suslowa ließ er sich zu einem nicht sehr schmeichelhaften Urteil über die Deutschen hinreißen: „Für den Deutschen gibt es kein größeres Verbrechen, als kein Geld zu haben und seine Schulden nicht rechtzeitig zu bezahlen.“ Auf der deutschen Seite von Russia Beyond gibt es noch mehr interessante Fakten zu Dostojewskis Leben.

Kuraufenthalte in Bad Ems und der Roman „Der Jüngling“

1871 konnte Dostojewski seine Spielsucht allerdings überwinden, als er im April das letzte Mal die Spielbank Wiesbaden betrat. Insgesamt hatte er damit zehn Jahre zu kämpfen. Er widmete sich wieder ausschließlich seiner künstlerischen Tätigkeit, sodass während seiner Zeit in Dresden ein Großteil seines Romans „Die Dämonen“ entstand. Zwischen 1874 und 1879 hielt er sich viermal zu Kurzwecken in Bad Ems auf. Die dortige Spielbank besuchte er allerdings nicht, sondern schrieb lieber Teile seines Romans „Der Jüngling“.

Inspiriert durch die deutschen Dichter und Denker

Im Grunde seines Wesens war Dostojewski von den Deutschen begeistert. In seiner Jugend las er viel die Werke von Goethe und Schiller. Besonders die Lektüre Schillers hinterließ bei ihm einen prägenden Eindruck, dessen Werke er teilweise sogar auswendig lernte. Der Sentimentalismus E.T.A. Hoffmanns sprach ihm ebenfalls aus der Seele. Diesbezüglich hatten es ihm aber vor allem die Schriften seines Landsmanns Nikolai Michailowitsch Karamsin angetan.

Im Gegenzug beeinflusste Dostojewski auch viele deutsche Kulturgrößen. Friedrich Nietzsche bewunderte seinen psychologischen Scharfblick. Dostojewskis Ideen beeinflussten auch Hermann Hesse, Thomas Mann, Franz Kafka, Alfred Döblin oder Martin Walser. Schließlich konnten auch Siegmund Freud und Alfred Adler bei der Entwicklung ihrer Lehren aus einem reichen Fundus seiner Entdeckungen schöpfen.

Streit unter Literaturwissenschaftlern: Die Übersetzungen von Swetlana Geier

Mit neuen Übersetzungen seiner großen Romane erregte vor allem Swetlana Geier Aufsehen. Sie scheute sich nicht, die bekannten Titel neu zu formulieren. So änderte sie zum Beispiel Titel wie „Schuld und Sühne“ in „Verbrechen und Strafe“, „Die Dämonen“ in „Böse Geister“ oder „Der Jüngling“ in „Ein grüner Junge“. Ihre Übersetzungen bescherten den deutschen Lesern auf jeden Fall ein ganz neues Lese-Erlebnis.

Fazit: Ist Deutschland Dostojewskis zweite Heimat?

Das wäre sicher zu viel des Guten. Fakt ist aber, dass es ihn immer wieder nach Deutschland zog und er nach Russland die meiste Zeit hier verbrachte. Wenn ihm auch die deutsche Hartnäckigkeit beim Thema Schulden nicht sehr behagt haben dürfte, so fand er doch in vielen deutschen Ideen Inspiration für seine Werke. Die Anerkennung seines Gesamtwerkes seitens der Deutschen zeigt sich auch in der Herausgabe von Gesamtausgaben, die unter anderem im Aufbau Verlag (13 Bände), im Piper Verlag (10 Bände) sowie einer digitalen Ausgabe von anker-eBooks (37 Bände auf USB-Stick) realisiert wurden.