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Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt (2013)

Inside Wikileaks - Die fünfte Gewalt (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Vorm Betreten des Kinosaals müssen alle Journalisten, die zur Pressevorstellung erschienen sind, Kameras, Handys und Tablets abgeben – sie könnten den Film ja leaken … Eine Zwangsmaßnahme, die mit unfreiwilliger Ironie verdeutlicht, was vom anarchischen Idealismus, mit dem die Enthüllungsplattform Wikileaks einst startete, übriggeblieben ist: nur noch eine popkulturelle Ware, deren Eigentümer mit größter Selbstverständlichkeit das Geheimnis seines Inhalts bis zum Kinostart bewahren will. Mit genau dem Gegenteil hat das Zweimannunternehmen Wikileaks Weltgeschichte geschrieben. Das Projekt des australischen Hackers Julian Assange und (auch) des Berliner Informatikers Daniel Domscheit-Berg verschob die Achsen der internationalen Politik, brachte Menschen wie Bradley „Chelsea“ Manning lebenslänglich ins Gefängnis und manche möglicherweise auch ins Grab. Wie aber übersetzt man die derart explosive politische Wirkung von Informationen in Filmsprache? Der Regisseur Bill Condon („Breaking Dawn“) versucht es mit eingeblendeten Chatprotokollen, Titelseiten, die im Coverflowstil vorüberziehen, auch mal mit kunstvoll verkrisselten Bildern, die sich durch überlastete Modems gezwängt zu haben scheinen. Und er wechselt die globalen Schauplätze schneller als ein Bond-Film – im Takt und Tempo der Datenströme und Highspeedzugänge.

„Inside Wikileaks“ scheitert an Assanges Entwurzelung

Die Faktenmasse kriegt Condon so besser in den Griff als die ohne große Anteilnahme erzählte Story einer gescheiterten Freundschaft, die doch eigentlich den emotionalen Kern seiner Kinoerzählung ausmachen müsste. Der Berliner Daniel Domscheit-Berg (Daniel Brühl) schließt sich dem australischen Hacker Julian Assange (Benedict Cumberbatch) an, der als einsamer Digitalnomade mit Laptop durch die Welt zieht und „die Wahrheit“ ans Licht bringen will. Nach einigen kleineren Coups wird ihre Enthüllungsplattform Wikileaks plötzlich weltbekannt, als sie Videos von US-Kriegsverbrechen im Irak und Hunderttausende Depeschen bisweilen peinlichen Inhalts veröffentlicht. Und Julian Assange, der Mann, der Verbrechen aufdeckte, wird seither als Verbrecher gejagt. Welches Feuer aber warum im Überzeugungstäter Assange glüht, wie er wurde, was er ist: Dafür interessiert sich der Regisseur kaum. Der großartige Benedict Cumberbatch („Sherlock“) übersetzt dieses psychologische Geheimnis in eine Mimik, die zerwalkt wird zwischen innerer Getriebenheit und der Erschöpfung eines geografisch wie emotional Heimatlosen. An Assanges Entwurzelung, seiner Egozentrik, Eitelkeit und Ruhmsucht scheitert schließlich alles: Freundschaften, Wikileaks und ein wenig auch der Film.

Große Wahrheiten – große Verantwortung

Das Drehbuch nämlich basiert auf Bergs Autobiografie, einer Abrechnung mit Assange; deshalb bleibt Daniel Brühls Berg stets der anständige Bedenkenträger, während der publicitysüchtige Assange für einen Coup auch mal das Leben riskiert – zumindest das der anderen. Der Besitz großer Wahrheiten, suggeriert Condon, bürdet einem auch große Verantwortung auf – und das erfordert großen Rückhalt, um den der Soziopath Assange verbissen kämpft. „It’s all about you“, barmt er deshalb am Ende um solidarische Unterstützung – und fügt mit so sardonischem wie entschuldigendem Breitbandgrinsen hinzu, während er direkt in die Kamera blickt: „And a little bit about me.“ Als wenn wir das zu diesem Zeitpunkt nicht schon längst begriffen hätten. (mw)

  • Inside Wikileaks - Die fünfte Gewalt (Filmbild 2)
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