Igor Levit: No Fear! (2021)

Klavierspiel kann Schwerstarbeit sein. Minutenlang hält die Handkamera auf Igor Levits Gesicht, als er bei einem Pressetermin Beethovens „Waldsteinsonate“ spielt. Der Schweiß läuft ihm in Strömen über das durch die psychische wie physische Belastung gezeichnete Gesicht. Die Musik ist für den Starpianisten Lebenselixier. Als die Corona-Pandemie seine Marathontour durch internationale Konzerthäuser ausbremst, stürzt er in eine depressive Leere – und hilft sich mit Live-Stream-Hauskonzerten aus der Krise.

Die Dokumentarfilmerin Regina Schilling („Titos Brille“) hat Levit zwei Jahre mit der Kamera begleitet: zu Orchesterproben, Presseterminen, Konzerten und CD-Aufnahmen. Über Twitter lässt er die Welt an seinem künstlerischen Leben wie auch an seinem politischen Engagement gegen Rassismus und für Fridays for Future teilhaben. Schillings Porträt zeigt einen rebellischen, oft unbequemen, aber in allem überaus leidenschaftlichen Menschen, dessen Energie durchaus verstörend sein kann, die sich aber unweigerlich auch in den Kinosaal überträgt. Man muss keineswegs Klassikfans sein, um sich davon faszinieren zu lassen.

Axel Schock