Happy-Go-Lucky (2008)

Poppy (Sally Hawkins) eine Frohnatur zu nennen, wäre eine glatte Untertreibung. Die 30-jährige Grundschullehrerin ist stets so gut drauf, dass man ihren Frohsinn leicht für verhaltensgestört und autistisch halten könnte. Merkte man nicht, dass sie die Närrin ist, die ihren grummeligen Mitmenschen, die ihre Sorgen gerne zu ernst nehmen, den Spiegel vorhält und sie mit ihrem Lachen auffliegen lässt. Poppy ist die unbekümmertste Hauptfigur, die das Kino seit langem gesehen hat, eine Traumtänzerin, der Kunst mächtig, dem Alltag jeden noch so kleinen magischen Moment abzuluchsen. Selbst ihrem cholerischen Fahrlehrer Scott (Eddie Marsan) kichert sie unbeeindruckt und kindisch ins hochrote Gesicht, und wenn man ihr das Fahrrad klaut, ist sie nur traurig, dass sie sich nicht von ihrem Drahtesel verabschieden konnte. Mike Leigh, der Großmeister des sozialkritischen britischen Kinos, hat ohne enges Handlungsgerüst eine Charakterstudie und eine Hommage an den Optimismus und das Verrücktsein gedreht.

„Happy-Go-Lucky“ ist keine nur leichtherzige Unterhaltung

Für 120 Minuten öffnet er uns die Tür zu Poppys Welt: Poppy betrunken mit ihren Girls auf der Piste, Poppy bei der Arbeit, Poppy beim Arzt, Poppy beim Flamenco, Poppy beim Verlieben, Poppy beim Poppen. Und doch ist das alles keine nur leichtherzige Unterhaltung. Durch die kontinuierliche Konfrontation mit dem verbitterten, rassistischen Scott, die in ihrer finalen Heftigkeit irritiert, stellt Leigh zwei moderne Archetypen gegenüber: die empathische, emotional kluge junge Frau, die die Welt bereist hat und sich einfühlsam um Hilfsbedürftige kümmert. Und den hasserfüllten Mittelstandsbürger, der sich als Verlierer der urbanen Verteilungskämpfe sieht und die Schuld bei der Regierung und den Ausländern sieht. Scott kapituliert am Ende vor Poppy; Poppy selbst hält angesichts von so viel Wut kurz in ihrer Wonne inne. Hoffen wir, dass sie weiterlacht. (vs)