Diplomatie (2014)
- Originaltitel Diplomatie
- Regie Volker Schlöndorff
- DarstellerInnen
- Buch
- Entstehungsjahr 2014
- Land Frankreich
- Filmlänge 83 min
- Filmstart 28.8.2014
- FSK 12
- Genres
Bewertung
Filminhalt
Auf den ersten Blick ist Volker Schlöndorffs „Diplomatie“ die Verfilmung eines Theaterstückes über Geschehnisse am Ende des Zweiten Weltkriegs. Schaut man noch einmal hin, sieht man auch einen Film über eine Grundlage der deutsch-französischen Freundschaft, die Europa Dekaden des Friedens brachte. Denn hätte der kommandierende Nazi-General des besetzten Paris am 25. August 1944 Hitlers Befehl befolgt und Paris, die Stadt der Liebe, diesen Mythos von einer Metropole, in der Geschichte, Schönheit und Kultur auf einzigartige Weise auf die menschliche Fähigkeit treffen, all dies an einem einzigen Ort zu vereinen – hätte also Dietrich von Choltitz (Niels Arestrup) die französische Hauptstadt wie befohlen gesprengt, dann hätten sich Helmut Kohl und François Mitterand wohl nie über den Soldatengräbern von Verdun die Hände gereicht, und die politische Lage auf dem Kontinent wäre heute eine andere. „Die Welt wird Deutschland das nie verzeihen.“ So sagt es der schwedische Generalkonsul Nordling (André Dussolier), als er in einem Duell der Worte von Choltitz zur Befehlsverweigerung auffordert – und schließlich Erfolg hat. Schlöndorffs Film nach dem Bühnenstück von Cyril Gély, sein fünftes Werk über das Dritte Reich, verdichtet mehrere Treffen von von Choltitz und Nordling auf eine Nacht und ist weitgehend fiktiv.
„Diplomatie“ bleibt eine steife arte-Koproduktion
Er bleibt dabei aber die Antwort schuldig auf die Frage, wie es dem Diplomaten wirklich gelang, den Deutschen zu beeinflussen. Nordling appelliert zwar wiederholt an von Choltitz’ Humanität (All die unschuldigen Opfer!) oder an seinen Sinn für Ästhetik und Genuss (Diese einmalige Stadt!). Doch man kann sich kaum vorstellen, dass Empathie und Kunstsinn gereicht haben, einen linientreuen Wehrmachtsgeneral dazu zu bewegen, einen direkten Führerbefehl zu ignorieren. Das eigentlich zu erwartende dramatische Ringen zwischen Grausamkeit und Gelehrtheit, Demagogie und Diplomatie und der Kampf um eine Stadt, der hier auch als Gradmesser für den Zustand der Menschlichkeit am Ende eines bestialischen Konfliktes zu lesen ist: All das findet nicht statt, Text und Konklusion klaffen zu weit auseinander. Der Film erhebt sich nie zum Psychoduell, er bleibt eine steife arte-Koproduktion, die ihre Möglichkeiten an die eigene Didaktik verschenkt. Gediegenes Sprechtheater in Bildern, die einem Beobachter gleichen, der nicht stören will. Und während Schlöndorff, der Paris-Liebhaber, am Ende noch einmal in Aufnahmen des heutigen Paris schwelgt, bemerkt man, wie einem der Fernbedienungsdaumen zuckt: Man versucht tatsächlich, umschalten. (vs)