Die Unglaublichen – The Incredibles (2004)
Bewertung
Filminhalt
Pixar-Filme waren immer schon Familienfilme: der Clownfisch, der auf der Suche nach seinem Sohn den halben Ozean durchschwimmt („Findet Nemo“), die Wandschrankmonster, die in einer WG leben („Die Monster AG“), die Ameisen in „Das große Krabbeln“, schon ihrer Spezies nach in eine familiär organisierte Gemeinschaft integriert, und auch die Spielzeuge in „Toy Story“, die als große Sippe mit Familienhierarchie beisammenwohnen. Nun steht zum ersten Mal eine richtige Familie im Mittelpunkt des Geschehens, und die ist – noch ein Novum – zum ersten Mal menschlich. Superheld Bob Barr und seine elastischen, unsichtbaren und pfeilschnellen Verwandten sind zu einem normalen Leben zwischen Erniedrigung im Job und häuslichen Streitereien verdammt – sie retten zwar den Tag, aber zerdeppern dabei zuviel Porzellan. Das kann sich der Staat nicht leisten. Berufsverbot für Spider-Man! Als ein früherer Bewunderer Stress macht, muss die gesamte Familie wieder ran … Die vielversprechende Reibungsfläche aus Familienalltag und Weltrettung nutzt der Film selten für Gags – es dominieren Action und fantasievolle Tableaus mit James-Bond-Anmutung.
Bei „Die Unglaublichen“ dominieren Action und fantasievolle Tableaus
Die Metaebene ist ausladend und philosophisch: Wie gehe ich mit Verantwortung um? Darf ich Gesetze brechen, um Gutes zu tun? Kann ich anonym leben, wenn ich zu Höherem geboren bin? Liebevoll loten die Pixarianer die Eckpfeiler menschlicher Beziehungen aus: Respekt, Liebe, Toleranz, Mut, Freundschaft. Animationstechnisch ist „Die Unglaublichen“ ein Rückschritt gegenüber dem realistischen Detailwahn von „Findet Nemo“; die bunte Welt der Barrs erinnert mehr an die abstrakte Zeichenwelt von Bugs Bunny und Co. Und die Klugheit, Menschenkenntnis und das Einfallsreichtum, das, was andere Pixar-Werke auszeichnete, bleiben diesmal so blass wie die Anzüge der Barrs leuchtend rot sind. Superhelden und Pixarianer sind eben auch nur Menschen – selbst, wenn diese Erkenntnis beim ersten Mal noch wehtut. (vs)