Die irre Heldentour des Billy Lynn (2016)
- Originaltitel Billy Lynn's Long Halftime Walk
- Regie Ang Lee
- DarstellerInnen
- Buch Jean-Christophe Castelli
- Entstehungsjahr 2016
- Land USA
- Filmlänge 113 min
- Filmstart 2.2.2017
- FSK 12
- Genres
Bewertung
Billy Lynn, Held des Irak-Kriegs, wird auf einer Siegestour rumgereicht. Doch die Wahrheit gerät langsam ans Licht …
Filminhalt
Nicht nur in 3-D, sondern auch mit 120 Bildern pro Sekunde hat Ang Lee („Brokeback Mountain“) seinen neuen Film gedreht, was einem Fünffachen der normalen Bildfrequenz entspricht. Damit stellt Lee sogar den bisherigen Rekordhalter in den Schatten: Peter Jackson und seine „Hobbit“-Trilogie. Wie rechtfertigt sich der Einsatz dieser neuen Technologie in einem bescheidenen und charakterzentrierten Werk wie diesem? War die 100-fps-Technik in den Hobbit-Filmen noch ein Gimmick, ergibt die Technik hier Sinn: „Die irre Heldentour des Billy Lynn“ handelt davon, wie Krieg zum maßlosen Spektakel pervertierter Legendenbildung verklärt wird – und um das erfahrbar zu machen, muss der Film selbst zum Spektakel werden. Der junge Soldat Billy Lynn (Newcomer Joe Alwyn) wird während eines Gefechts im Irakkrieg dabei fotografiert, wie er einen Kameraden verarztet und gleichzeitig mit der freien Hand einen Angreifer abwehrt.
„Die irre Heldentour des Billy Lynn“ bildet den Entfremdungszustand ab
Kurz nach seiner Rückkehr sieht man fast in Echtzeit dabei zu, wie der überforderte Lynn durch die Katakomben eines Stadions geschleust wird, weil er während der Halbzeitshow eines Footballspiels als Symbol für amerikanisches Heldentum gefeiert werden soll – das kulminiert in einer Szene, in der realer Kriegshorror und verschwenderischer Pomp, Gewehrsalven und Feuerwerkskörper, Schmerzensschreie und Destiny’s Child’s „Soldier“ zu einem augen- und ohrenbetäubenden Sturm aus posttraumatischen Flashbacks anschwellen. Das satirisch unterfütterte Drama funktioniert trotz mancher Plattitüde auch als Zeit- und Stimmungsbild der mittleren Nullerjahre in Amerika, vor allem dann, wenn ideologische Debatten am Esstisch ausgetragen werden. Der verständnisvolle Blick, den der Film am Ende auf die familiäre Verbundenheit unter Soldaten wirft, kann man in seiner etwas pathetischen Überhöhung als Zugeständnis an den zuvor dekonstruierten Patriotismus interpretieren – doch Lee bildet damit auch den Entfremdungszustand ab, in dem die Soldaten zurückbleiben, sobald das Spektakel vorüber ist. sb