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Die Aussprache (2022)

Die Aussprache (2022) (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Sarah Polley hat mit „Die Aussprache“ das gleichnamige Buch der Autorin Miriam Toews und damit ein ein seit der #MeToo-Bewegung überaus wichtiges Thema verfilmt. Die Geschichte ist im Vergleich zu Maria Schraders Film „She said“ zwar in einer sehr kleinen Glaubensgemeinschaft angesiedelt, ist deshalb aber nicht weniger dringlich. Eine Gruppe von acht Frauen versammelt sich auf einem Heuboden, um zu entscheiden, ob alle Frauen ihre Religionsgemeinschaft verlassen sollen, in der sie ohne rudimentäre Bildung leben – in der Küche und auf dem Feld arbeitend und Kinder gebärend. Der Grund für die Aussprache ist, dass sie systematisch von den Männern misshandelt und vergewaltigt werden.

Grundlage für Film wie Buch sind reale und äußerst brutale Ereignisse in einer Religionsgemeinschaft in Bolivien, die nur wenige Jahre zurückliegen. Der Film zeigt keine einzige gewalttätige Szene, aber alptraumhafte Flashbacks von den Momenten danach sowie die allgemein gehaltenen Gespräche unter den Frauen. Einziger Mann bei der Zusammenkunft ist der Dorflehrer (Ben Whishaw), der in der Schule unterrichtet und jetzt Protokoll führt. Ratschläge darf er aber nicht erteilen, weil er den Frauen intellektuell überlegen ist und sie nicht dominiert werden wollen.

Die Flashbacks sowie Rückblenden auf dem Feld oder in den Küchen sind die einzige Erweiterung des ansonsten wie ein Kammerspiel anmutenden Films. Dabei drehen sich die Gespräche der Frauen nicht um das Verbrechen, das die Männer vor wenigen Tagen begingen und für die diese auch bei der Polizei angezeigt wurden. Vielmehr sprechen sie ausschließlich über drei Möglichkeiten zu handeln: Bleiben und alles weiter ertragen, bleiben und sich widersetzen oder weggehen.

Die Schauspielerin Val McDormand (neben Brad Pitt auch Produzentin des Films) hat eine kleine Rolle, sie sagte in einem Interview über den Film: „Ich glaube, ich hatte ihn mir intimer vorgestellt, und stilistisch vielleicht rustikaler.“ Auch wenn McDormand die Aussage im gleichen Atemzug relativiert: Vor allem das fehlende Rustikale macht die Schwäche des Films aus, der doch eigentlich den Entschluss der Frauen, sich zu erheben, wiedergeben will. Zaghaft, allgemein und in immer wiederkehrenden Schleifen deklinieren sie statt dessen alle Argumente durch und gehen dabei so unrealistisch achtsam miteinander um, als hätten sie nicht gerade traumatische Erlebnisse hinter sich.

Dabei ist die Garde der Schauspielerinnen um Rooney Mara und Jessie Buckley hochkarätig, was sich auch im Schauspiel niederschlägt: Von durchdacht-trotzigem Aufbegehren über ängstliches Taktieren bis zur traumatisierten Akzeptanz alles Gegebenem reicht die Palette der Reaktionen auf die Gewalttat der Männer. Und doch ist das zu wenig, ist die Diskussion inhaltlich zu abstrakt und gleichzeitig zu verhalten, ist die Form der Auseinandersetzung viel zu betulich und wie auch der Heuboden viel zu sauber geputzt und abgehoben von der rauen, brutalen Wirklichkeit.

  • Die Aussprache (2022) (Filmbild 4)
  • Die Aussprache (2022) (Filmbild 5)
  • Die Aussprache (2022) (Filmbild 2)
  • Die Aussprache (2022) (Filmbild 3)