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Der neunte Tag (2004)

Der neunte Tag (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Konzentrationslager Dachau 1942: Der luxemburgische Abt Kremer (Matthes) erhält neun Tage „Urlaub“. In dieser Zeit will ihn SS-Mann Gebhardt (Diehl) dazu benutzen, den Bischof des besetzten Landes auf eine Linie mit den Nazis zu bringen. Gebhardt bestellt Kremer täglich in sein Büro und verwickelt ihn in Diskussionen über Gott und den Glauben … Schlöndorff wählt eine schlichte Symbolik: Während Gebhardts Gesicht immer exakt zur Hälfte im Schatten liegt, um die Zerrissenheit eines Mannes zu verdeutlichen, der einst Priester werden wollte, sind Kremers Züge stets hell und transparent. Hier ringt der edle Charakter mit dem Gespaltenen um Integrität. Ein Moralstück, das eine klare Aussage sucht und trifft: Ein reines Herz kann keine noch so düstere Macht korrumpieren – hätte die katholische Kirche mehr Männer wie Kremer gehabt, sie hätte den Genozid beeinflussen können. Diehl stellt den im Nazi-System selbst zwischen Täter und Opferrolle pendelnden Gebhardt mit präziser Nervosität dar. Ulrich Matthes reduziert sein Spiel auf Körperlichkeit: seine großen schwarzen Augen, die tiefen Augenhöhlen und das eingefallene Gesicht sagen mehr als Worte. Dass derselbe Mann vorher in „Der Untergang“ den fanatischen Propagandaminister Joseph Goebbels verkörperte, macht die Rolle des Kirchenmannes fast zu einer Reinwaschung. Volker Schlöndorff hat sein Genie irgendwann nach „Die Blechtrommel“ verloren. Für wichtige Handarbeit aber ist er immer noch gut, sehr gut sogar. (vs)

  • Der neunte Tag (Filmbild 4)