Der Moment der Wahrheit (2016)

Wenn ein Film den „Moment der Wahrheit“ oder im Original noch gewichtiger, „Truth“, die Wahrheit verkünden will – dann sollte er dies auch besser tun, erst Recht, wenn er auf wahren Ereignissen beruht. James Vanderbilts Regiedebüt erzählt von keinen Wahrheiten außer der, dass es sich um ein misslungenes Journalismusdrama handelt. Im Jahr 2004, kurz vor der US-Präsidentschaftswahl, recherchiert das Team des TV-Nachrichtenmagazins „60 Minutes“ unter Führung von Produzentin Marie Mapes (Cate Blanchett) in einem delikaten Eventuell-Skandal: Hat George W. Bush sich vor dem Vietnameinsatz gedrückt und sich durch Beziehungen in der Texas Air National Guard unterbringen lassen? Anchorman und Reporterlegende Dan Rather (Robert Redford) vertraut Mapes bei der Story voll – doch nachdem sie gesendet wird, ist das Thema nicht Bush, sondern dass Mapes ihre Quellen nicht ausreichend verifiziert hat. Die Beweise könnten eine Fälschung sein … Vanderbilt könnte Verschiedenes thematisieren: den Leistungsdruck, unter dem auch Nachrichtenprofis Fehler machen, damit verzahnt die negativen Veränderungen im Qualitätsjournalismus hin zur Sensationalisierung, oder auch neue Fakten zum Thema Bush und Vietnam.

„Moment der Wahrheit“ gerät zur linksdemokratischen Propaganda

Stattdessen ergeht sich der Film selbstgerecht in der Anklage, dass die vermeintlichen Täter (die Bush-Administration) davonkamen, während die Aufklärer vor einem Ausschuss landeten und ihre Jobs verloren. Doch obwohl Mapes und Co. schwere handwerkliche Pannen unterlaufen sind, glorifiziert Vanderbilt die Reporter mit seltsamen Zeitlupen, pathetischer Musik und ungelenk-inkriminierenden Dialogen. Ja, er versteigt sich sogar zu der These, dass Mapes die Bush-Sache schon 2000 angegangen wäre, hätte sie nicht am Tod ihrer Mutter zu knapsen gehabt – und dann wäre Al Gore Präsident geworden! So gerät „Truth“ zur linksdemokratischen Propaganda und erleidet dasselbe Schicksal wie Mapes und Rather: Statt einen Skandal in der politischen Rechten aufzudecken, spielt er dieser mit schlampiger Arbeit in die Hände. (vs)