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Der Herr der Ringe – Die zwei Türme (2002)

Der Herr der Ringe - Die zwei Türme (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Die große Faszination ist weg. „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“ brachte die Welt von Mittelerde in eine Form, die staunen ließ: Bis dahin hatte das Universum Tolkiens in einer so organischen Einheit aus Einfallsreichtum, Effekten und Naturaufnahmen im Popcorn-Kino seinesgleichen gesucht. Ein Multimillionendollarfilm mit laut pochendem Herz. Der zweite Teil „Die zwei Türme“ ist kein schlechter Film, er kann dem gefräßigen Auge des Zuschauers nur kaum neues Futter geben. Es ist ein Film der konstanten Bewegung: weg vom ersten Teil, hin zum dritten. Die Gefährten sind aufgesplittet in drei Gruppen, eine dreifache Parallelhandlung ist die Folge. Aragorn (Mortensen), Legolas (Orlando Bloom) und Gimli (John Rhys-Davies) verfolgen die Orks, die Pippin und Merry entführten, während Frodo (Wood) und Sam (Sean Astin) sich zusammen mit dem früheren Ringbesitzer, dem brillant animierten schizophrenen Geschöpf Gollum, nach Mordor durchschlagen. Die Trennung dessen, was im ersten Teil zusammenwuchs, ist nicht so problematisch, wie sie klingt. Jackson weiß durch geschickte Tempuswechsel und Schlachtenszenen davon abzulenken, dass der Mittelteil der Trilogie keine eigenständige Geschichte erzählt.

Mittelerde ist ein humorloses Land

Er ist ein Bindeglied, um Motive, Konflikte und Spannung der Saga zu erweitern und zu steigern. Frodo wird immer mehr von der Macht des Rings übermannt, Aragorns Liebe zu Arwen (Liv Tyler) ist bedroht, Gandalf (McKellen) wird wiedergeboren, und die Bedrohung durch Sauron findet ihren vorläufigen Höhepunkt in der Schlacht um die Festung Helms Klamm: dem dramaturgischen Zentrum des Films und einem Triumphzug moderner Tricktechnik. Nie war eine Leinwandschlacht so lang und aufwändig, und selten hatte der Tod ein poetischeres Gesicht. Wenn Sarumans Streitmacht und die von Gandalf angeführte Armee aufeinander zu stürmen und im sonnendurchfluteten Tal aufeinandertreffen, liegt in diesem Bild eine Schönheit, die auch die Traurigkeit und Bitterkeit des Krieges erfasst. Pathos schreibt sich bei Jackson nach wie vor groß, und das darf es auch. Tolkiens Kosmos entzieht sich durch seine autarke Fantasiewelt einer Beurteilung durch die Kriterien einer realen Welt. Und doch lädt einiges bisweilen zum Schmunzeln ein: die stark vereinfachte Moral, die Robbenbaby-Blicke von Elijah Wood, die weichgezeichneten Elben, die dröge Antikriegshaltung der Baumwesen Ents oder Legolas drollig-kitschige Kommentare zur Lage. Mittelerde ist per se ein weitgehend humorloses Land. Das ist altmodisch, folgt aber der inneren Logik der Geschichte.

„Die zwei Türme“ ist opulent-naives Entertainment

Wer reißt schon Witze, wenn seine Rasse vor der Auslöschung steht? Im Kern ist Tolkiens Saga eine Geschichte über die Zerstörung einer perfekten Welt, in der alle Völker in Frieden miteinander leben. Das abgrundtief Böse zertrümmert diese Harmonie mit einer Konsequenz, die einem Genozid nahekommt. Die Parallelen zum Dritten Reich sind unübersehbar; Tolkien schrieb die Trilogie Mitte der 50er Jahre, gerade einmal zehn Jahre nach dem Holocaust. Seine Geschichte um den allmächtigen Ring des Bösen ist eine Vertreibung aus dem Paradies, in der der bewusst handelnde Mensch die sorgloseren Instinktwesen ins Verderben treibt. Denken, so sagen Tolkien und Jackson zwischen den Zeilen, ist Gift, weil es vor allem anderen Berechnung weckt. Fühlen ist die Sprache des Herzens. Eine grundpathetische Philosophie. Wer sich damit nicht anfreunden kann, sollte auch diesem Teil des tolkienschen Triptychons fernbleiben. Alle anderen werden bis zu „Die Rückkehr des Königs“ warten müssen, um zu erfahren, ob „Die zwei Türme“ einen Wert jenseits von opulent-naivem Entertainment hat. Der Kreis muss sich schließen. Nicht umsonst ist ein Kreis auch immer ein Ring: Nur ohne Bruchstelle und Lücke ist er etwas wert. (vs)

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