Die Kairo Verschwörung (2022)

Ein Stipendium ermöglicht es dem Fischersohn Adam (Tawfeek Barhom), an der islamischen Al-Azhar-Universität in Kairo zu studieren. Angekommen im Epizentrum der sunnitisch-islamischen Macht, muss er jedoch feststellen, dass an der Azhar vor allem um eben jene gekämpft wird. Ein Imam predigt von Karl Marx, ein anderer verbreitet antisemitische und misogyne Codes – doch es bleibt nicht bei Worten: Der Großimam kommt auf dubiose Weise ums Leben, ein Kommilitone stirbt bei einem Attentat, und ehe sich Adam versieht, wird er zur Schachfigur im rücksichtslosen Machtkampf zwischen der religiösen und politischen Elite Ägyptens.

Dass „Die Kairo Verschwörung“ in Cannes 2022 mit dem Preis fürs beste Drehbuch ausgezeichnet wurde und als diesjährige Oscar-Nominierung Schwedens an den Start geht, spricht Bände: Tarik Saleh inszeniert einen mutigen Politthriller, verzichtet auf exotisierenden Orientalismus und legt ohne Rücksicht auf religiöse Befindlichkeiten Ägyptens pervertierte Machtstrukturen frei. Im Stile eines stringenteren John le Carrés erzählt Saleh von Machtmissbrauch, Fanatismus und Hinterzimmerverschwörungen und beweist mit seinem scharfen Sinn für kleinteilige, architektonische Ästhetik ein ums andere Mal, wieso er einst Schwedens bekanntester Graffitiartist war.

Sein Film ist eine Aufforderung zur Courage, zum selbstständigen Denken und Handeln und eine Anklage an systemische Unterdrückungen demokratiefeindlicher Akteure – und damit nicht nur für die islamische Welt relevant, sondern allgemeingültig. Unter der aktuell autoritären Führung von Abd al-Fattah as-Sisi wird dennoch deutlicher denn je, dass sich die mächtigen Männer des Staates und die anachronistischen Glaubenslehrer einzig im Look unterscheiden: die einen tragen Anzug, die anderen Fes. Säkularisierung muss also unbedingt auch Demokratisierung heißen – ansonsten verschiebt sich bloß die Macht und mit ihr das Potenzial, sie zu missbrauchen