Alle reden übers Wetter (2022)

Das Kaff liegt nur zwei Autostunden von Berlin entfernt, doch die Welten könnten für die Philosophiedoktorandin Clara (Anne Schäfer) kaum unterschiedlicher sein. Hier die distinguierte, selbstverliebte Akademikerblase, dort das mecklenburgische Dorf, in dem sich nichts verändert, nur das Gefühl des Abgehängtseins zunimmt. Wirklich zugehörig fühlt sich die Bildungsaufsteigerin Clara nirgends, wie sich bei einem Heimatbesuch anlässlich des 60. Geburtstags der Mutter (Anne-Kathrin Gummich) zeigt.

Regisseurin Annika Pinske erzählt in ruhigen, klar gestalteten Bildern von Ost-West-Befindlichkeiten, Klassismus, gestörter Kommunikation und Vorurteilen, ohne in Ostalgie und Klischeehaftigkeit zu verfallen. Sie kennt beide Milieus so gut, dass selbst kleine Gesten, Gespräche über Banalitäten, aber auch das Schweigen viel über die Menschen, ihre Befindlichkeiten und Hilflosigkeit aussagen. Dazu trägt auch der bis in die Nebenrollen exquisite Cast bei, der diese Menschen sehr authentisch verkörpert – etwa Max Riemelt als Claras alte Jugendliebe oder Christine Schorn als resolute Großmutter. Ein ungemein starkes Debüt.

Axel Schock