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Winterschlaf (2014)

Winterschlaf (Poster)

Bewertung

„Muss man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

„Du bist eigentlich ein sehr gebildeter, ehrlicher und fairer Mann – doch benutzt du diese Tugenden, um die anderen zu ersticken“, sagt in einer Szene Nihal zu ihrem Mann Aydin. Gemeinsam mit ihm und seiner Schwester Necla leitet sie ein Berghotel in Zentralanatolien, umgeben von einer bizarr-anmutigen Felslandschaft. Ausgerechnet klirrende Kälte und plötzlich einsetzender Schneefall erwecken die Figuren aus ihrem emotionalen Winterschlaf: Seit Jahren schwelende Konflikte treten ans dämmrige Tageslicht, Unausgesprochenes wird offengelegt, die alte Macht- und Rollenverteilung hinterfragt. Nuri Bilge Ceylans Cannes-Gewinner ist ein Dialogstück mit der Schärfe und Präzision von Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ und gleichzeitig eine Bestandsaufnahme der türkischen Gegenwartsgesellschaft; in den zentralen Konflikten des Films, ausgetragen in teils schwindelerregenden Wortduellen, spiegelt sich das bröckelnde Patriarchat. Doch vor allem ist „Winterschlaf“ ein universeller, zutiefst humaner Film, dem das Kunststück gelingt, sich zu positionieren ohne zu verurteilen – dem selbstgerechten Aydin, der stets das letzte Wort, nie aber eine echte Perspektive anzubieten hat, bringt Ceylan ebenso viel Verständnis entgegen wie Nihal in dem von ihrem Mann errichteten Schneckenhaus. Am Ende ist kein Wort und kein Blick zu viel gewechselt worden – und man kann nur erstaunt sein angesichts der Intensität und Lebensklugheit dieses Films. (sb)

  • Winterschlaf (Filmbild 2)
  • Winterschlaf (Filmbild 3)
  • Winterschlaf (Filmbild 4)
  • Winterschlaf (Filmbild 5)
  • Winterschlaf (Filmbild 8)