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Troja (2004)

Troja (Poster)

Bewertung

„Kann man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Alfred Hitchcock hat mal gesagt, dass es beim Film nur eine Todsünde gibt: den Zuschauer zu langweilen. Nun, langweilen tut Wolfgang Petersens Epos nach Motiven aus Homers „IIias“ nicht direkt – es macht nur müde. Intrigante Götter gibt es nicht, das wäre laut Petersen zu lächerlich geworden. Na – doch raubt die Abwesenheit der Schicksalsmächte dem Film die Glaubwürdigkeit für die Handlung der Figuren. Wo bei Homer Achilles’ (Brad Pitt) Kampfeslust auch in der List und Tücke der Götter begründet liegt, sind es hier schnöde Eitelkeit und prämediale Ruhmessucht, die den schnellen Schlächter antreiben. What a Pitt-y … Die gewaltige Geschichte ist hollywoodesk reduziert, verkürzt, zusammengewürfelt und liest sich ungefähr so: Paris, Prinz von Troja, entführt dem Griechen Menelaos die Frau, Helena. Menelaos’ Bruder Agamemnon versammelt ein riesiges Heer, um Helena zurückzuholen und Troja zu erobern. Auftritt Achilles, schöner Söldner, coolster Kämpfer, Beckham des Bosporus. Der kämpft nur für sich und meist da, wo die legendärsten Kriege stattfinden. Paris’ Bruder Hector wird Achilles’ Antipode, der göttergläubige König von Troja schwer geschlagen, und aus ein paar hundert Statisten kann man neuerdings per Software zehntausende Soldaten machen. „Troja“ ist ein Film, der das Herz als Zentrum allen Handelns ausgibt, aber selbst keines hat. Ungefiltertes Pathos, schmachtende Blicke und romantische Liebes- und Treueschwüre – das provozierte schon beim letzten Teil der „Herr der Ringe“-Trilogie mehr Schmunzler als Schauer.

„Troja“ leidet unter einer Starre

Hier gerät es zur hohlen bis unfreiwillig komischen Geste; die dramatischen Sätze klingen immer aufgesagt, nie empfunden. Man merkt, dass die Größe und Breite des Stoffes Petersen überfordert. „Troja“ leidet unter einer Starre, die nur in den bewegungsreichen Schlacht- und Zweikampfsequenzen weicht. Alle sonstigen Szenen beschränken sich meist auf einen geschlossenen Raum, in dem die Figuren ohne jede Mobilität in ihren vorgegeben Positionen verharren – sie sitzen, hocken oder stehen einfach herum. – als würde die Schwere der Aufgabe, der Antike Leben einzuhauchen, die Schauspieler wie ein Zentnergewicht zu Boden drücken. Herausragend nimmt sich einzig die Darstellung des Tötens aus: Die kaltblütige, perfekte Präzision, mit der Achilles wie eine Mischung aus geschmeidigem Samurai und ruchlosen Amokläufer die gegnerischen Soldaten niedermetzelt, nimmt dem Leinwandtod jeden Glamour. Diese Schlachten kennen keinen Heldentod, seine Krieger töten mit grimmigen Gesichtern und schwerem Herzen, und Petersen untersteht sich, das Sterben in glorifizierende Bilder zu fassen. Die Kunst des Krieges könnte ein Untertitel zu „Troja“ sein, denn nur darum geht es; die Liebe hat gegen soviel Gewalt keine Chance, sie taugt höchstens zum Anlass.

Die glorreiche Antike hat im geldgeilen Hollywood nichts zu suchen

Doch gelingt es Drehbuchautor David Beniof nicht, die allbestimmende Bedeutung von Ehre und Ruhm plausibel zu machen. Man schüttelt den Kopf , wenn Achilles sich trotz Holzhammer-Warnungen seiner Mutter für Krieg und Tod statt Frau und Glück entscheidet oder Hector sich freiwillig einen aussichtslosen Zweikampf mit Achilles liefert, obwohl er einen neugeborenen Sohn und eine liebende Frau hat. So geraten mannhafte Taten zu müdem Machismo, und während Pitt seinen Achilles als interessante Mischung aus Elitekiller, Model und Popstar anlegt, geraten andere darstellerisch unter die Räder bzw. die Sandalen: Peter O’Toole reißt beim Anblick des griechischen Heers die Augen auf, als würde ihm jemand unangekündigt einen Einlauf verabreichen, Orlando Bloom spielt wie in der Schulaufführung von „Romeo und Julia“, und die deutsche Diane Krüger alias Helena ist als Grund für einen Krieg ungefähr so nachvollziehbar wie Sarah Connor. „Troja“ führt alle Beteiligten schmerzhaft an ihre Grenzen – die glorreiche Antike hat im geldgeilen Hollywood nichts zu suchen. Es reicht schon, wenn sie in Las Vegas als Styropor-Nachbau herumsteht … (vs)