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Stadt als Beute (2005)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

René Polleschs Theaterstücke zeichnen sich durch vollkommenes Fehlen von Handlung aus. Seine Figuren sind Stichwortgeber für kapitalismuskritische Theorietexte, Geschichten oder Biografien erzählen sie nicht. So etwas funktioniert im Theater, im Kino aber nicht. Deswegen lassen die Regisseurinnen Irene von Alberti, Miriam Dehne und Esther Gronenborn die Kollektive eben Kollektive sein. Stattdessen geht es um drei Schauspieler, die an einer Pollesch-Inszenierung arbeiten: Marlon (Richard Kropf) ist neu im Team und weiß noch nichts mit Polleschs Arbeitsweise anzufangen. Lizzy (Inga Busch) verzweifelt an ihrer Sehnsucht nach Glamour, und Ohboy (David Scheller) ist als Sozialhilfeempfänger zwar ganz nah an Polleschs Underdog-Ideal, kann sich aber nicht auf den geregelten Probenablauf einlassen. Dazwischen immer wieder Berlin –  ein kalter Unort zwischen S-Bahn-Trassen, Autobahnen und der Postmoderne des Potsdamer Platzes. Die drei Regisseurinnen finden unverbrauchte Bilder für die Stadt und rutschen nur in der Marlon-Episode leicht ins Touristisch-Abgerockte ab. Dass man nur durch eigenes Leiden zum richtigen Theaterverständnis kommt, ist dabei ein etwas behäbiger Schluss. Dass sich Pollesch –  in den Proben pathetisch vom Widerstand schwafelnd – als autoritärer Charakter entpuppt, ein anderer. Die Kritik wird mit ihren eigenen Argumenten kritisiert – kein schlechtes Diskursniveau. (fis)