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Let’s Make Money (2008)

Let's Make Money (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Mit “monströs“ noch unzureichend umschrieben: Die Idee, das globale Finanzsystem in 100 Minuten zu durchleuchten – dafür kann man schon nicht mehr auf das sprachliche Bild von der Sisyphosarbeit zurückgreifen, das ist eigentlich purer Irrsinn. Erwin Wagenhofer wagt es dennoch, hat er uns doch schon in „We feed the World“ effektiv das Hühnchen auf dem Mittagstisch madig gemacht, indem er die unappettlichen Details der Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion auftischte. Genauso rückt der Österreicher nun dem weltweiten Geldfluss zu Leibe. Er lässt Investoren sprechen, Financiers, sogenannte Wirtschaftskiller, konservative Wirtschaftsjournalisten, Bänker, afrikanische Beamte, SPD-Abgeordnete, Baumwollpflücker. Nie mischt er sich ein. So erklärt Wagenhofer, was die USA dafür können, dass Burkina Faso bettelarm bleibt, wieso die Banken auf englischen Kanalinseln bei den Suprareichen so beliebt sind, warum an der spanischen Costa del Sol Millionen Wohnungen nur zu Abschreibungszwecken hochgezogen werden, wie die Privatwirtschaft die globalen Märkte deregulierte, liberalisierte, privatisierte und die Interventionsmöglichkeiten des Staates reduzierte. Wagenhofer hat keine Antworten, er führt das Thema – und das ist ein Schwachpunkt des Films – auch nicht an die persönlichen Lebenswelten der Erstweltler heran. Er will abbilden, informieren, aufschlüsseln.

„Let’s Make Money“ lehrt uns, furchtbaren Tatsachen auszuhalten

Das tut er in einem Tempo, dass einem von Zusehen- und hören ob der komplizierten Faktenlage ganz schön schwindelig wird. Viel in die Tiefe geht der Film dabei nicht, das sollte er, kann er aber nicht, weil Wagenhofer so viel anzuprangern hat. Das, was der Film einfängt, hinterlässt in seiner maßlosen Verantwortungslosigkeit und entstofflichten Gier nach Geld weniger Wut und Verzweiflung als eine so abgrundtiefe Leere, dass man zum Bild des Marianengrabens, der tiefsten Stelle des Weltmeeres, greifen muss, um sie angemessen zu umschreiben. Es sind erschütternde, ungerechte, lähmende Wahrheiten, die Wagenhofer uns erzählt. Davon, dass der Kapitalismus eben nichts ist außerhalb dessen man sich aufstellen und schuldzuweisend mit dem Finger drauf zeigen kann. Ihm zu entrinnen ist nicht möglich, es gibt nichts, was jenseits davon existiert, und jede Handlung – so gut sie auch gemeint ist – arbeitet schlussendlich dem System zu. Das ist der Verdienst des Films, wenn vielleicht auch nicht seine Absicht: dass er uns lehrt, diese furchtbaren Tatsachen auszuhalten. Denn nur, wer um die Dinge weiß, kann sie verändern. (vs)