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Der Distelfink: Großes emotionales Erzählkino

In der Verfilmung von Donna Tartts Pulitzer-Preis-gekröntem Roman „Der Distelfink“ glänzt nicht nur Newcomer Ansel Elgort („Baby Driver“).

Theo (Oakes Fegley) ist 13, als seine Mutter bei einem Terroranschlag auf ein Museum stirbt. Zwischen der Explosion am Anfang des Films und dem, nun ja, Happy End liegen 14 weitere Jahre seines Lebens, zweieinhalb Filmstunden und der Versuch, die 800 Seiten von Donna Tartts mit dem Pulitzer Preis ausgezeichneter Romanvorlage „Der Distelfink“ ins Medium Film zu überführen. Tartts detailversessener Stil ist dabei wie fürs Kino gemacht – mit einer einzigen Einstellung kann man mehrere Seiten Beschreibung im Roman abdecken. Und doch galten Donna Tartts Romane lange Zeit als unverfilmbar. Ihr brillanter Thriller „Die geheime Geschichte“ wartet schon seit 20 Jahren auf seine Adaption. Das Risiko dabei, den „Der Distelfink“ von 2013 zu verfilmen, war klar: dass bei einer so komplex verschachtelten Geschichte am Ende nur Handlung übrig bleibt und Tartts markanter Stil völlig verloren geht.

Regisseur John Crowley und Drehbuchautor Peter Straughan gelingt eine Ehrenrettung – die sie auch dem bravourösen Spiel von Oakes Fegley in der Rolle des jungen Theo zu verdanken haben. „Der Distelfink“, das Gemälde eines Rembrandt-Schülers, ist Theos wertvollster Besitz, auf vielerlei Weise: Im Chaos nach dem Bombenanschlag steckt Theo das Bild ein und hält es verborgen – vor seiner High-Society-Pflegefamilie Barbour ebenso wie vor seinem alkoholsüchtigen Vater und dessen Freundin, die plötzlich auftauchen und ihn von der Park Avenue in die Wüste Nevadas mitnehmen. Und auch vor seinem Mitschüler Boris (Finn Wolfhard), der zu seinem Freund und wahrem Vertrauten wird. „Der Distelfink“ entwickelt sich unterdessen immer mehr zu Theos Fetisch; als Erinnerungsstück an seine Mutter, das er aber niemals anzuschauen wagt, sondern immer nur in der Verpackung liebkost. Zum jungen Mann herangewachsen, ist Theos (jetzt Ansel Elgort, Baby Driver) Obsession geblieben, während er nun Antiquitätenhändler ist. Als Geschäftspartner seines väterlichen Freundes Hobie (Jeffry Wright) und verlobt mit der jüngsten Tochter der Barbours steht einer erfolgreichen Karriere eigentlich nichts im Weg. Doch dann gibt es Gerüchte, dass das Bild wieder aufgetaucht sei, Theo wird erpresst – und die Story endgültig zum Krimi …

Bei aller Dramatik – Schüsse und Explosionen eingeschlossen – sind Buch und Film die Charakterstudie einer verletzten Seele, der von Theo. Ein Entwicklungsroman mit Themen, die allumfassender nicht sein könnten: Verlust und Trauer, Vertrauen, insbesondere gebrochenes, der Sinn des Lebens und der Wert der Kunst. Und wer nicht so sehr auf Exegese aus ist, der kann einfach großes emotionales Erzählkino genießen. rr

„Der Distelfink“ kommt am 26. September ins Kino.

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