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Die Verführten (2017)

Die Verführten (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Amerika 1864: Ein verwunderter Bürgerkriegssoldat sorgt für Spannungen in einer Mädchenschule. Thriller

Filminhalt

Mit ihrem neuen Film „Die Verführten“ schließt Sofia Coppola den thematischen Kreis zu ihrem Erstlingswerk „The Virgin Suicides“. Beide Filme handeln von Mädchenkollektiven: In „The Virgin Suicides“ wurden die fünf Schwestern von der gesellschaftlichen Erwartungshaltung an ihre Sexualität und ans Frausein an sich erdrückt, in der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Thomas Cullinnan nun dient ein Südstaaten-Mädchenpensionat im Jahr 1864 als Safe Space vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg. Doch in der völligen Isolation bleibt den Bewohnerinnen (unter anderem Nicole Kidman, Kirsten Dunst, Elle Fanning) auch jede Möglichkeit zur freien Entfaltung verwehrt – und als der verwundete Yankee-Soldat John McBurney (Colin Farrell) in das vermeintliche Idyll eindringt, wird er zur Projektionsfläche nicht gemachter Erfahrungen und ungestillter Sehnsüchte … Von der dezidiert weiblichen Sicht auf den Stoff, die Coppola im Vorfeld ankündigte, merkt man überraschend wenig. Inhaltlich und perspektivisch fügt die Regisseurin Don Siegels brillanter Erstverfilmung mit Clint Eastwood von 1971 nichts hinzu, mehr noch: Durch Auslassungen und Verkürzungen nimmt sie der Konstellation einiges von ihrer Explosivität, die sich am Ende zwar heftig, aber nur kurz entladen darf.

„Die Verführten“ funktioniert als reiner Stimmungsfilm

„Betrogen“ war nicht nur rauer, sondern machte die Entstehung und Verschiebung von geschlechtlich konnotierten Machtverhältnissen auch nachvollziehbarer, während sie hier nur unter der Oberfläche brodeln. „Die Verführten“ funktioniert vielmehr als reiner Stimmungsfilm, auch da ist Coppola ganz nah an ihrem elegischen Debüt: Der abgeschiedenen Southern-Gothic-Kulisse, in der sich das Sonnenlicht malerisch den Weg durch die Äste bahnt und von darunterliegenden Nebelschwaden verschluckt wird, verleiht sie den Charakter eines dunklen Märchenortes. Indes gemahnt aus weiter Ferne das Grollen des Krieges an die näherrückende Realität … In „Die Verführten“ scheint die Handlung zweitrangig, stattdessen ist Coppolas Film mit seiner impressionistischen Schönheit und seinem flüsternden Horror in erster Linie Kino – in einer sehr ursprünglichen Form, die, so scheint es, auch ganz ohne Dialoge seine umhüllende Wirkung erzielen würde. sb

  • Die Verführten (Filmbild 2)
  • Die Verführten (Filmbild 3)
  • Die Verführten (Filmbild 4)
  • Die Verführten (Filmbild 5)