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Deutschboden (2013)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

2009 reiste Moritz von Uslar ins brandenburgische Zehdenick. Dort blieb der Journalist drei Monate, soff mit der Kleinstadtjugend, raste im Auto über nächtliche Landstraßen und fraß die Langeweile eines heißen Sommers in sich hinein. Im aus diesem Aufenthalt entstandenen Buch „Deutschboden“ wurde der Ortsname zwar zu Oberhavel anonymisiert, trotzdem blieben die Protagonisten erkennbar, zum Beispiel in der lokal bekannten Rockband 5 Teeth Less. Für die „Deutschboden“-Verfilmung von André Schäfer ergibt das eine eigenartige Differenz: Von Uslars Stimme aus dem Off raunt von Männlichkeitsritualen in Oberhavel, während die Interviewten fröhlich von ihrer Heimatstadt Zehdenick sprechen. Solche Irritationen passieren immer wieder, die größte Irritation ist aber die Frage, was für einen Film Schäfer eigentlich gedreht hat: eine Doku schonmal nicht, die Szenen sind unübersehbar inszeniert. Aber einen Spielfilm im Grunde auch nicht. Am ehesten ist das ein Bilderbogen zur Reportage, bevölkert von den Figuren aus Uslars Text. Das ist am Ende genauso träumerisch, denunzierend, verkünstelt und unrealistisch wie die Vorlage – aber es ist auch böse und lustig. „So war abseits der Großstadt eine neue Sorte Männlichkeit entstanden: der gefährliche, aber ziemlich schmuck und schwul aussehende Superproll“, murmelt der Autor angesichts gewaxter, muskulöser, tätowierter Glatzenträger. Irre. (fis)