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Der Pianist (2002)

Der Pianist (Poster)

Bewertung

„Sollte man sehen“ kulturmovies

Filminhalt

Nur wenn man sich seinen Alpträumen stellt, kann man sie verarbeiten. Roman Polanski brauchte 60 Jahre, um sich dem Horror des Holocaust zu stellen. Er überlebte das Krakauer Getto, Wladyslaw Szpilman, der Pianist, das Warschauer. Szpilmans Geschichte ist also auch Polanskis. Der Film folgt dem Schicksal Szpilmans (Brody), einem hübschen Mann mit feinen Gesichtszügen und musischem Gemüt. Als die Nazis Warschau besetzen, verliert Szpilman alles: seine Arbeit, seinen Stolz, seine Familie. Polanski zieht sich dabei auf einen extrem subjektiven Blick zurück. Das Grauen der Kriegsjahre in Warschau, Hinrichtungen, Deportationen, die ständige Flucht: Das alles sieht man auf konventionell-dokumentarische Art durch Szpilmans Augen. Das verstört in seiner Nüchternheit, ist aber von bitterer Logik, wenn Szpilmans Familie deportiert wird und plötzlich aus dem Film verschwindet. Szpilman ist genauso Beobachter wie wir, und er ist genauso hilflos. Durch diese Perspektive hat der Film etwas Kühles, Klares. Brody kommt fast in jeder Szene vor, ist aber dennoch keine emotionale Identifikationsfigur, sondern Projektionsfläche für stille Ohnmacht. Polanski will kein Mitgefühl, für ihn ist Szpilman eine symbolische Figur der Hoffnung. „Der Pianist“ gewann in Cannes die Goldene Palme. Kinoimmanent fragwürdig, moralisch unabdingbar. (vs)